Globale Kapitalregeln SPD kritisiert „Allianz“ zwischen Schäuble und Banken

In der Debatte über globale Kapitalregeln für Banken wirft die SPD Bundesfinanzminister Schäuble zu viel Nähe zur Finanzindustrie vor. Schäuble gehe zu stark auf den Widerstand der Banken ein.

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Der SPD-Fraktions-Vize kritisiert den Finanzminister in einem Interview. Quelle: dapd

Berlin Die SPD wirft Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in der Debatte über globale Kapitalregeln für Banken zu viel Nähe zur Finanzindustrie vor. Bei den Verhandlungen gebe es eine „unheilige Allianz zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Banken“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider am Dienstag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. „Schäuble ist bisher viel zu unambitioniert. Verbal tut er auf Robin Hood, in der Substanz geht er zu stark auf den Widerstand der Banken ein und verweigert sich dem Kampf für einen sauberen und tragfähigen Bankensektor.“

Der Streit zwischen den USA und Europa über neue Kapitalregeln, die in der Branche Basel IV genannt werden, zieht sich seit langem hin. Besonders die deutschen Verhandlungsteilnehmer sperren sich bisher gegen einen möglichen Kompromiss, weil sie eine Benachteiligung von deutschen Banken im internationalen Vergleich fürchten. Schäuble steht hinter der Position der Bundesbank und der Finanzaufsicht BaFin, die für Deutschland an den Gesprächen teilnehmen, und hat ihnen öffentlich den Rücken gestärkt.

Bundesbank und BaFin verhandelten ohne Mandat des Bundestages, sagte Schneider. „Es gibt dazu keine einhellige Auffassung in den Koalitionsfraktionen.“ Während die CDU/CSU die Ansicht der Bankenverbände teile, wolle die SPD, dass die Möglichkeiten der Banken, ihre Bilanzrisiken klein zu rechnen, eingeschränkt und vereinheitlicht würden: „Das ist ein großer Dissens in der Koalition.“ Dabei gehe es nicht um kleine Sparkassen, sondern um weltweit vernetzte Großbanken.

Hauptstreitpunkt bei den Basel-Gesprächen ist der Einsatz interner Modelle, mit denen Großbanken berechnen, wie viel Eigenkapital sie für Kredite und andere Geschäfte zur Seite legen müssen. Die USA wollen den Einsatz dieser Modelle stark eingrenzen. Mehrere europäische Staaten sind dagegen. „Deutsche und europäische Banken dürfen am Ende nicht einseitig belastet sein. Dies ist eine Frage der Wettbewerbsgleichheit“, sagte Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus zu Reuters.

Dagegen betonte Schneider, er erwarte, dass Schäuble dem Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Steuerzahler künftig vor Bankenrisiken zu schützen, Taten folgen lasse: „Ich vermisse den Willen im Bundesfinanzministerium, für harte Regeln zu sorgen und sich dabei mit Teilen des Bankensektors auch anzulegen.“ Würde ein Unternehmen die Regeln anwenden, die die Banken für sich selbst nutzten, würden sie diesem nie einen Kredit geben, sagte Schneider. „Sie rechnen ihre Risiken klein und entsprechend das zur Absicherung notwendige Eigenkapital.“

Die Basel-Verhandlungen dürften sich laut Reuters-Informationen noch mindestens bis März hinziehen. Aus Sicht von Schneider wächst durch die deutsche Blockadehaltung die Gefahr, dass es zu einer Renationalisierung der Bankenaufsicht kommt. „Wir sind teils wieder in der Situation wie vor der Finanzkrise 2008/09.“

Die deutschen Banken seien vergleichsweise ertragsschwach, obwohl die wirtschaftliche Lage exzellent sei, betonte Schneider. Das Problem sei, dass es nach der Krise nicht zu einer Konsolidierung des Sektors gekommen sei: „Die Struktur des Bankensektors in Deutschland passt nicht.“ Er könne aber kein Engagement des Bundesfinanzministeriums erkennen, „an die Wurzel des Übels zu gehen“ und eine Restrukturierung der Bankenlandschaft voranzubringen. Dies sei aber die Voraussetzung für höhere Erträge. Ein Entgegenkommen bei der Regulierung von Bankrisiken wäre nur eine Scheinantwort auf dieses Problem.

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