Glyphosat-Entscheidung Merkel rügt Schmidts Alleingang

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Die SPD kritisiert Merkel

SPD-Fraktionsmanager Carsten Schneider attackierte Merkel. „Der Autoritätsverlust der Bundeskanzlerin ist greifbar geworden und beschädigt die vertrauensvolle und reibungslose Zusammenarbeit in der Bundesregierung.“ Solche chaotischen Abläufe wie bei Glyphosat seien für das größte Land in der EU völlig inakzeptabel. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ging bei n-tv einen Schritt weiter: „Mir wär's ehrlich gesagt schon recht, wenn sie jetzt ginge.“

Merkel, die mit Schmidt selbst gesprochen hatte, missbilligte dessen Verhalten: „Es ist etwas, was sich nicht wiederholen darf“, sagte sie. Ansonsten sei „ein gedeihliches, gemeinsames Arbeiten in der Bundesregierung nicht möglich“. Die CDU-Chefin stellte gleichzeitig klar, dass sie in der Sache auf Schmidts Seite stehe - also die von der Wirtschaft geforderte, verlängerte Glyphosat-Zulassung gutheißt.

Die Kanzlerin versuchte ansatzweise, Brücken zur SPD zu bauen, indem sie etwa an Manuela Schwesig erinnerte, die sich in ihrer Zeit als SPD-Bundesfamilienministerin auf EU-Ebene bei der von ihr geforderten Frauenquote aus Koalitionsräson stets enthalten habe. „Wir haben in der Bundesregierung in den letzten vier Jahren schmerzlichste Prozesse gehabt, wo Enthaltungen notwendig waren, obwohl das den Ministern persönlich sehr, sehr weh getan hat“, sagte Merkel.

Deutschland enthalte sich in etwa einem Viertel bis einem Drittel der Abstimmungen in Brüssel, weil es keine Einigkeit zwischen den von den Regierungsparteien CDU, CSU und SPD geführten Ministerien gegeben habe. „Deshalb erwarte ich auch, dass ein solches Vorkommnis sich nicht wiederholt.“

Schmidt ist in der geschäftsführenden Regierung derzeit nicht nur Agrar-, sondern auch Verkehrsminister. In dieser Rolle nahm er am Dienstag gemeinsam mit Merkel und Hendricks am Diesel-Gipfel mit den Kommunen im Kanzleramt teil. Hendricks sagte nach der Veranstaltung, Schmidt habe den Versuch unternommen, sich bei ihr zu entschuldigen. „Ich will auch nicht auf Dauer eine Entschuldigung zurückweisen. Aber ich hab ihm gesagt, dass man so blöd eigentlich nicht sein könnte.“

Schmidt hatte zuvor betont: „Ich habe eine Entscheidung für mich getroffen und in meiner Ressortverantwortung“, sagte er in der ARD. „Das sind Dinge, die man auf die Kappe nehmen muss.“ Schmidts Chancen, für die CSU in einer künftigen Regierung wieder Minister zu werden, galten schon lange als eher gering. CSU-Chef Seehofer hat sich bislang zur Causa Glyphosat nicht geäußert.

Der Leverkusener Bayer-Konzern will den Glyphosat-Hersteller Monsanto in den USA übernehmen. Bayer teilte mit, eine Verlängerung der Glyphosat-Zulassung in der EU um fünf Jahre sei zu kurz - besser wären 15 Jahren. Die Sicherheit des Unkrautvernichters sei in bislang rund 3300 Studien wissenschaftlich untersucht worden.

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