Görlachs Gedanken

Neuwahlen jetzt!

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Die Ära Merkel ist vorbei

Deutschland braucht eine Neuwahl, denn wer möchte eine weitere Hängepartie in den nächsten vier Jahren? Innenpolitik, die nicht stattfindet: keine digitale Agenda, keine Bildungsreform, kein Zuwanderungsgesetz, keine Infrastruktur-Investitionen.

Wer ein bisschen in der Welt herumkommt, der merkt, wie abgemeldet Deutschland nach zwölf Merkel-Jahren ist.

Eine Anekdote: In der selben Woche, in der in Japan ein hoher Bahn-Offizieller zurücktritt, weil ein Zug 20 (!) Sekunden zu früh abgefahren war, teilt der CEO der Deutschen Bahn lakonisch mit, dass man das selbst ausgegebene Ziel, 85 Prozent der Züge pünktlich ins Ziel laufen zu lassen, fallen lassen wird. Es ginge halt nicht. Pünktlich ist für die Deutsche Bahn bis zu fünf Minuten Unpünktlichkeit. In Taipei, Hong Kong, Seoul oder Tokyo fahren Züge vom angekündigten Gleis in der angegebenen Reihung und auf die Sekunde genau. Und wenn mal nicht, siehe oben, dann muss jemand Führung zeigen und sein Amt anbieten.

Wer ist denn nach dem Debakel um den Berliner Flughafen zurückgetreten? Wer hat Verantwortung übernommen für die aus dem Ruder gelaufenen Kosten der Elbphilharmonie? Das hat nicht Merkel persönlich zu verantworten. Aber sie hat das Land auf Stillstand getrimmt und auf ein „Weiter so“ der Verwaltung.

Wer auch immer die nächste Regierung stellen wird – hier sind Menschen mit konzeptioneller Stärke und Führungsbereitschaft gefragt.

Die Ära Merkel ist vorbei und zu meiner eigenen Enttäuschung hat die Kanzlerin es weder im Jahr 2013 geschafft eine schwarz-grüne Regierung zu bilden noch jetzt eine Jamaika-Koalition. Das wäre für die Demokratie heilsam gewesen. Anstelle dessen wurde mit immer neuen GroKo-Mehrheiten der Parlamentarismus zur Farce, weil die kleinen Parteien regelrecht betteln mussten, um auch einmal Redezeit im Bundestag zu bekommen.

Gegen eine Veränderung der Geschäftsordnung war damals unter anderem auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder. Der Mann, der die Fraktion so standfest und adäquat managt, hat sich hier nicht als Super-Demokrat hervorgetan. Es gab vier weitere Jahre Einheitsbrei, der die Ränder hat erstarken lassen.

von Nadia Abdallah, Melanie Bergermann, Henryk Hielscher, Rüdiger Kiani-Kreß, Jürgen Salz, Martin Seiwert, Peter Steinkirchner, Claudia Tödtmann, Cornelius Welp

Diese Bilanz der Bundeskanzlerin ist schlicht enttäuschend. Und sie scheint nicht zu verstehen, dass ihre Zeit gekommen ist. Ich habe immer gedacht, dass sie nicht wie Helmut Kohl am Kanzlerinnenstuhl kleben bleiben, sondern den Blick für das Realistische behalten würde.

Die parlamentarische Demokratie in Deutschland ist gelähmt, es kann nicht im Sinne des Souveräns sein, dass für ewige Zeiten eine geschäftsführende Regierung im Amt ist. Das Land braucht eine völlige Erneuerung, einen Plan und eine politische Kaste, die Leadership zeigt. Das Warten darauf muss nun ein Ende haben. Neuwahlen jetzt!

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