Horst Seehofers Eskapaden, seine massive Kritik an der Kanzlerin, sein Geraune von einer "Unrechtsregierung", seine seltsamen diplomatischen Avancen an Wladimir Putins Russlands, sind aus gleich drei Gründen schädlich für unser Land, für unsere politische Kultur, aber auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Erstens: Seehofer schadet dem Ansehen Bayerns in der Welt. Das Land hat unter seinen Vorgängern lange daran gearbeitet, das Image seiner Bewohner als erzkatholischen, ungebildeten, rückständigen und ausländerfeindlichen Hinterwäldlern abzuschütteln. Nun, der hässliche Bayer ist zurück. Er trägt das Gesicht Horst Seehofers. Gehörte das Poltern gegenüber dem Rest der Republik für manchen Bayern schon jeher zum guten Ton, versucht sich Seehofer in AfD-esker Rhetorik, indem er "die da oben", also die Berliner Regierung, der er und seine CSU angehören, anfeindet und diskreditiert. Seehofer will das Scheitern der Bundeskanzlerin, er möchte keine Ausländer und Flüchtlinge. Seine Partei verweigert sich nach wie vor einer konstruktiven, zukunftsweisenden Überlegung zu einem Zuwanderungsgesetz, was freilich nichts mit der Genfer Flüchtlingskonvention zu tun hat, unter deren Schutz die Menschen ja im Moment in das Land kommen und erst einmal für drei Jahre bleiben dürfen.
Zweitens: Seehofer schadet dem Ansehen der Bundesrepublik in der Welt. Wenn er als Chef einer Partei, die an der Bundesregierung beteiligt ist, so tut, als sei dies nicht der Fall und sein Bundesland und die gesamte Republik damit in Richtung Chaos navigiert, dann ist er auf dem Weg, ein ebensolcher demagogischer Populist, wie die (leider viel zu vielen) Rechten in Europa zu werden. Victor Orban ist ein politischer Freund von Seehofer und alleine dieser Männerbund illustriert das Destruktive, was dem CSU-Chef mittlerweile anhaftet: Orban und seine Partei sind rassistisch und antisemitisch. In Ungarn sind Presse- und Kunstfreiheit eingeschränkt.
Was sagt das wiederum über die Vorlieben von Orbans Busenfreund Seehofer aus? Soll Deutschland so werden? Man muss nicht mit allem einverstanden sein, was man als Kompromiss innerhalb einer Bundesregierung ausarbeitet. Man kann auch im Dissens liegen und trotzdem zusammen weiter regieren, auch wenn es quietscht. Aber die eigene Regierung eine Unrechts-Regierung nennen und dann gleichzeitig mit zumindest Teilzeit-Despoten enge Freundschaften pflegen? Das ist eher ein Fall für die Couch und nicht für den Koalitionsausschuss. Dann aus der Regierung aussteigen, die Gemeinschaft mit der Schwesterpartei CDU aufkündigen und in der Konsequenz in ganz Deutschland als politische Partei antreten.
Drittens: Seehofer schadet dem Ansehen Europas in der Welt: Seine Reise nach Moskau zum Stiefellecken bei Wladimir Putin (Russland ist schließlich ein guter Geschäftspartner bayerischer Firmen) diskreditiert die Linie der Bundesregierung, dem Land im Osten so lange Sanktionen zuzumuten, wie es sich völkerrechtswidrig auf der Krim und im Osten der Ukraine aufhält. Die Nummer mit Soldaten auf Urlaub, die sich auf der Krim tummelten, müsste eigentlich auch für einen intellektuellen Tiefflieger klar als unverhohlene, schurkenhafte Lüge zu dechiffrieren sein. Mit so jemandem muss man sich nun wirklich nicht zeigen, auch wenn man die Regierungschefin nicht leiden kann.
Eine "Herrschaft des Unrechts" - trifft das wirklich auf Deutschland zu? Trifft so eine Einschätzung nicht eher auf Russland zu, wenn man schon mit solchen Begriffen um sich wirft? In jedem Freiheitsindex gelten die Länder Westeuropas, gelten die Vereinigten Staaten von Amerika als freie Länder. Man muss sich schämen, dass ein Horst Seehofer in die Trickkiste des Populismus greift, so wie es ein Donald Trump in Amerika tut, um billig Punkte zu sammeln bei den Verunsicherten und dem rechten Bodensatz, den jede Gesellschaft des Westens leider als Last mit sich führt.
"Fürchtet euch nicht" heißt es an maßgeblichen Stellen des Neuen Testaments an die Adresse des Menschen, lieber Herr Seehofer. Angst hingegen macht unfrei, genau wie das Schüren von Ängsten. Wahr ist leider auch, dass Sie, Herr Seehofer, keinen Platz mehr in einem politischen Betrieb haben, der an Lösungen arbeiten und nicht die Abschaffung seiner selbst betreiben will.
Und die verheerende Konsequenz? Seehofers Treiben wird handfeste wirtschaftliche Konsequenzen haben: Er wird Deutschland Geld kosten. Die Entscheidung einer hochrangigen amerikanischen Delegation, im Rahmen der Münchener Sicherheitskonferenz mit dem Mann nicht einmal mehr speisen zu wollen, weil ihm seine Reisen nach Russland suspekt sind, ist erst der Anfang. Wer investiert denn bittschön in einen Unrechtsstaat, lieber Herr Seehofer? Genau, das sieht man am Geschick, das Russland und die Türkei teilen.
Zwei Länder, deren demokratische Projekte kurz vorm Kippen sind: Investitionen runter, Devisenabzug, Währungsverfall. Alle modernen Wirtschaftsstatistiken zeigen: Nichts ist Anlegern wichtiger als das Vertrauen in funktionierende politische und legale Systeme eines Landes. Seehofer rüttelt an diesen Grundfesten. Hat er damit Erfolg, müssen in ein paar Jahren vielleicht die von ihm so gerne verhöhnten Ausländer Hilfspakete schicken. In das dann neu verarmte Bayern.