Green Deal und die Folgen Wo Deutschland für das EU-Klimapaket nachlegen muss

Mit ihrem „Fit for 55“-Programm will die EU die verschärften Klimaziele durchsetzen. Die Jahrhundertflut und der Wahlkampf rückt das Thema Klimawandel in Deutschland ins Zentrum der Debatte.

Reicht das deutsche Klimaziel?Deutschland hat sein Klimagesetz bereits erneuert und damit den nationalen Beitrag festgelegt für das Ziel der EU, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 55 Prozent zu verringern: So ist derzeit eine Treibhausgas-Minderung von 65 Prozent bis 2030 verankert. Damit wird fortgeschrieben, dass Deutschlands Beitrag zur CO2-Reduzierung schon immer überdurchschnittlich war. "Wahrscheinlich wird das aber nicht ganz ausreichen", sagt ein deutscher Regierungsvertreter. Klimaschutzverbände sehen das ähnlich. Grund: Die EU verlangt in einer Reihe von Sektoren mehr von Deutschland als gedacht. Im System ist allerdings auch angelegt, dass ein Staat dies über Zahlungen an Länder mit übererfüllten Zielen ausgleichen kann. Quelle: imago images/Klaus W. Schmidt
Wo verlangt die Kommission mehr als erwartet?Dabei geht es um Bereiche, die bisher nicht vom Emissionshandel, dem wichtigsten EU-Klimaschutzinstrument, erfasst sind. Nur Industrie, Kraftwerke und teilweise der Flugverkehr müssen derzeit CO2-Verschmutzungsrechte kaufen. Die Sektoren, in denen Deutschland für das Klimapaket wohl nochmal nachlegen muss, sind vor allem Verkehr, Gebäude und die Landwirtschaft. Hier sollte Deutschland bis 2030 zunächst rund 38 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 2005 ausstoßen. Das "Fit for 55"-Programm der EU sieht nun eine Verringerung von 50 Prozent vor. Eine Verschärfung war klar, aber nicht in diesem Ausmaß. Dies ist der wesentliche Grund, warum das Gesamt-Einsparziel von 65 Prozent wohl nicht reichen wird. Quelle: dpa
Was wird mit dem CO2-Preis auf Heizöl und Sprit?In den meisten EU-Staaten ist der Kommissionsvorschlag für einen CO2-Aufschlag auf den Preis von Sprit und Heizöl der große Aufreger im "Fit for 55"-Paket. In Deutschland gibt es einen solchen Aufschlag schon seit Anfang des Jahres. Die breite Protestbewegung blieb aus, diskutiert wird über die Höhe der CO2-Abgabe. Wenn sie europaweit 2026 in Kraft treten soll, dürfte ein Übergang in das EU-System in Deutschland also durchsetzbar sein. Vor allem, wenn die Autoflotten dann weniger Sprit schlucken und die Gebäudesanierung schneller vorankommt. Besonders bei letztem Punkt macht die Kommission mehr Druck. Quelle: dpa
Was wird aus der deutschen Industrie?Deutschland als industrielles Schwergewicht und Exportnation schaute mit Sorge auf die EU-Pläne. Bislang wurde man vor "schmutziger" internationaler Konkurrenz durch die Gratis-Vergabe von CO2-Rechten geschützt. Diese will die Kommission nun für einige Branchen reduzieren und sie dafür allmählich durch eine CO2-Grenzsteuer vor unfairen Importen schützen. Anders als von der Industrie befürchtet, betrifft dies zunächst nur die Branchen Stahl, Zement, Aluminium und Düngemittel als Teil der Chemie. Die Chemiebranche insgesamt aber noch nicht. Zudem sollen die Gratis-Zertifikate erst ab 2026 Zug um Zug wegfallen, es waren auch frühere Termine im Gespräch. Dennoch sehen Wirtschaft und Regierung eine Grenzsteuer als unzureichenden und rechtlich problematischen Schutz. Sie setzen weiter auf Gratis-Zertifikate und Hilfen bei der Umstellung der Produktion. Quelle: dpa
Wie geht es mit der Energiebranche weiter?Der Kohleausstieg ist beschlossen und geht schneller voran als von vielen erwartet. Wegen der stark gestiegenen Preise für CO2-Rechte wollen Betreiber ihre Anlagen ohnehin eher früher als später abschalten, auch ohne zusätzlichen EU-Druck. Der Schlüssel liegt im Ausbau von Wind- und Solarstrom sowie der Netze. Fast alle Parteien sagen, dass es hier schneller gehen muss. Entscheidungen wird die nächste Bundesregierung treffen. Die Kommission verlangt höhere Steuern für fossile Brennstoffe. Deutschland würde das beim Flugbenzin treffen, das steuerbefreit ist. Die meisten Steuern in Deutschland liegen aber höher als die geplanten EU-Vorgaben. Die ermäßigte Steuer auf Diesel ("Dieselprivileg") dürfte bei den Koalitionsverhandlungen ohnehin Thema werden. Quelle: dpa
Wird die Autobranche ausgebremst?Der Kurswechsel zum E-Auto läuft bei den deutschen Herstellern bereits, besonders Volkswagen ist hier der Vorreiter. Konzernchef Herbert Diess twitterte trotz der nochmal verschärften Vorgaben für Neuwagenflotten selbstbewusst: "VW ist gerüstet für den Green Deal. Er ist eine Chance." Andreas Graf von der Denkfabrik Agora sieht das Problem eher bei der Umstellung der Lieferanten. "Die verschärften Flottengrenzwerte werden vor allem die Zulieferer treffen. Die Hersteller wird das vermutlich weniger belasten." Der Branchenverband VDA schaut zudem auf den Ausbau der Ladesäulen. Die Ziele in Deutschland sind da zwar ambitionierter als die EU-Vorgaben. Doch Autofahrer wollen in ganz Europa zuverlässig laden können. Quelle: dpa
Was bedeutet der Green Deal für Land- und Forstwirtschaft?Aufforstung und größere Moore binden CO2 aus der Atmosphäre. Bis 2030 soll Deutschland laut EU-Kommission so 30 Millionen Tonnen "einsparen". Dafür müsste das Klimaschutzgesetz noch einmal geändert werden: Dort sind bislang nur 25 Millionen Tonnen verankert. Auf die Landwirtschaft, so liest sich das EU-Paket, könnten 2025 nochmal Extravorgaben zukommen. Quelle: dpa
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