
In der Bundesregierung gibt es erste Überlegungen, Griechenland finanziell entgegen zu kommen. Im Gegenzug soll das Land sein Engagement in der Flüchtlingskrise erhöhen. „Unsere höchste Priorität ist derzeit, dass mehr Flüchtlinge in Griechenland bleiben“, hieß es aus Regierungskreisen gegenüber der WirtschaftsWoche. Um dies zu erreichen, könnten andere Überlegungen wie das strikte Beharren auf Programmvereinbarungen zurück stehen.
In Griechenland sind seit Jahresbeginn rund 400.000 Flüchtlinge eingetroffen, darunter viele Bootsflüchtlinge, die von der Türkei übers Mittelmeer weiter in die EU – und vor allem nach Deutschland – reisen wollen.
Über das Mittelmeer nach Europa: Zahlen zu Flüchtlingen
Trotz der lebensgefährlichen Fahrt über das Mittelmeer wagen viele Tausend Menschen die Flucht nach Europa. 219.000 Menschen flohen laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR 2014 über das Mittelmeer nach Europa; 2015 waren es bis zum 20. April 35.000.
3.500 Menschen kamen 2014 bei ihrer Flucht ums Leben oder werden vermisst; im laufenden Jahr sind es bis zum 20. April 1600.
170.100 Flüchtlinge erreichten 2014 über das Meer Italien (Januar bis März 2015: mehr als 10.100); weitere 43.500 kamen nach Griechenland, 3.500 nach Spanien, 570 nach Malta und 340 nach Zypern.
66.700 Syrer registrierte die EU-Grenzschutzagentur Frontex 2014 bei einem illegalen Grenzübertritt auf dem Seeweg, 34.300 Menschen kamen aus Eritrea, 12.700 aus Afghanistan und 9.800 aus Mali.
191.000 Flüchtlinge stellten 2014 in der EU einen Asylantrag (dabei wird nicht unterschieden, auf welchem Weg die Flüchtlinge nach Europa kamen). Das sind EU-weit 1,2 Asylbewerber pro tausend Einwohner.
...beantragten 2014 in der EU Asyl (2013: 50.000).
202.700 Asylbewerber wurden 2014 in Deutschland registriert (32 Prozent aller Bewerber), 81.200 in Schweden (13 Prozent) 64.600 in Italien (10 Prozent), 62.800 in Frankreich (10 Prozent) und 42.800 in Ungarn (7 Prozent).
Um 143 Prozent stieg die Zahl der Asylbewerber im Vergleich zu 2013 in Italien, um 126 Prozent in Ungarn, um 60 Prozent in Deutschland und um 50 Prozent in Schweden.
Mit 8,4 Bewerbern pro tausend Einwohner nahm Schweden 2014 im Verhältnis zur Bevölkerung die meisten Flüchtlinge auf. Es folgten Ungarn (4,3), Österreich (3,3), Malta (3,2), Dänemark (2,6) und Deutschland (2,5).
600.000 bis eine Million Menschen warten nach Schätzungen der EU-Kommission allein in Libyen, um in den nächsten Monaten die Überfahrt nach Italien oder Malta zu wagen.
Wie genau solche Erleichterungen aussehen könnten, ist noch unklar. Jedoch setzt sich in Berlin zunehmend die Erkenntnis durch, dass es keine solidarische Lastenverteilung auf EU-Ebene geben werde. „Deutschland wird die Hauptlast der Flüchtlingskosten tragen, da muss man realistisch sein“, heißt es.
Derzeit bemüht sich die Bundesregierung, andere EU-Länder und angrenzende Staaten zur stärkeren Aufnahme von Flüchtlingen zu bewegen. Am Sonntag reist Kanzlerin Angela Merkel in die Türkei – mit einem Mix aus finanziellen Anreizen und möglichen Versprechen zur Visafreiheit für die Einreise türkischer Bürger möchte sie das Land für engere Kooperation gewinnen. Einen EU-weiten Solidaritätszuschlag für den EU-Haushalt, finanziert etwa durch höhere Mehrwertsteuern, hat Kanzlerin Merkel hingegen gerade abgelehnt.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Das mögliche finanzielle Entgegenkommen für Athen spielt in die Debatte um Schuldenerleichterungen hinein, über die seit Monaten diskutiert wird. Ein klassischer Schuldenschnitt soll dabei um jeden Preis vermieden werden. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hatte kürzlich vermeldet, dass sich die Euro-Staaten auf eine Reduzierung der Kosten für den Schuldendienst Griechenlands verständigt haben.
Diese sollen auf 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt werden, um die sogenannte Schuldentragfähigkeit zu verbessern. Wann und unter welchen Bedingungen die Erleichterungen gewährt werden, ist noch nicht entschieden.