GroKo und Frauenpolitik Luft nach oben beim Thema Gleichstellung

Auf eine halbe Seite passt das, was sich CDU, CSU und SPD zur Gleichstellung von Frauen überlegt haben. Den Lobbygruppen ist das zu wenig. Ihnen gehen vor allem bestimmte Regelungen nicht weit genug.

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Frauenverbände fordern von der Großen Koalition noch mehr Anstrengung in Sachen Gleichstellung – sind mit der Richtung allerdings zufrieden. Quelle: dpa

Berlin Die deutschen Frauenverbände hatten große Hoffnungen in die Große Koalition gesetzt, nachdem das Thema Frauenpolitik bei den Verhandlungen zu einer möglichen Jamaika-Koalition „auf drei Zeilen geschrumpft“ war, wie Claudia Große-Leege, Geschäftsführerin des Verbands deutscher Unternehmerinnen (VdU), kritisiert hatte. Nun füllt das Thema im Sondierungspapier der möglichen Großen Koalition immerhin etwas mehr als eine halbe Seite.

So wollen CDU/CSU und SPD für mehr Frauen in den Chefetagen sorgen, indem sie ein „besonderes Augenmerk“ auf jene Unternehmen legen, die keine Frau in Führungspositionen haben und sich bei der freiwilligen Zielgröße für die Beteiligungsquote eine „Null“ vorgenommen haben. Die Parteien wollen es künftig sanktionieren, wenn Unternehmen ihre Meldepflicht für diese Zielquote oder die Pflicht zur Begründung einer Zielgröße von „Null“ nicht einhalten.

In Deutschland gibt es bisher nur eine gesetzlich vorgeschriebene Quote für Aufsichtsräte, jedoch keine für Vorstände. Wie das jüngst veröffentlichte „Managerinnen-Barometer“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gezeigt hatte, greift die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote in Aufsichtsräten auch. Der Frauenanteil sei dort auf durchschnittlich gut 30 Prozent gestiegen, heißt es in der Studie.

In Vorständen der deutschen Unternehmen, wo es keine gesetzlich vorgeschrieben Quote gibt, hat sich dagegen nahezu nichts bewegt. Laut DIW-Studie verblieb der Anteil der Frauen in den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland auf Vorjahrsniveau – bei etwas mehr als acht Prozent im Durchschnitt.

CDU, CSU und SPD wollen bei der Besetzung von Führungsgremien auch den Staat als Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen. Im öffentlichen Dienst sollen Frauen und Männer bis 2025 gleichberechtigt in Führungspositionen vertreten sein, heißt es im Sondierungspapier. Dass die Unternehmen der öffentlichen Hand in die Verantwortung genommen werden, sei ein gutes Signal, sagt VdU-Chefin Große-Leege im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Die Sondierungsergebnisse zeigten, dass es für die Gleichstellungspolitik in die richtige Richtung geht, heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Frauenrats, ein Dachverband von rund 50 deutschen Frauenorganisationen. In vielen Bereichen zeigten sich die Vertreter der Frauen jedoch enttäuscht.

So verständigten sich Parteien zwar darauf, ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit einzuführen – allerdings mit Einschränkungen. Der Vorschlag für ein Recht auf befristete Teilzeit sei unflexibel und gelte nur für Unternehmen ab 45 Beschäftigte, kritisierte die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats Mona Küppers. „Selbst das in der letzten Legislaturperiode eingeführte Entgelttransparenzgesetz gilt erst für Unternehmen ab 200 Beschäftigten.“

Dass Entgelttransparenzgesetz soll Frauen ein Instrument an die Hand geben, mit dem sie ungerechtfertigte, auf Diskriminierung basierende Lohnunterschiede in ihren Unternehmen aufdecken können.
Studien zeigen immer wieder, dass bei der gerechten Entlohnung von Frauen und Männer noch großer Nachholbedarf besteht.

Nur in zwei von 28 EU-Ländern ist die Lücke bei der Bezahlung von Frauen und Männern so groß wie in Deutschland, hat die EU-Kommission errechnet. 22 Prozent beträgt der sogenannte Gender Pay Gap, nur in Estland und in Tschechien sind die Löhne noch ungleicher verteilt. Selbst wenn man nur vergleichbare Qualifikationen und Tätigkeiten heranzieht, verdienen Frauen in Deutschland pro Stunde durchschnittlich sechs Prozent weniger als Männer.

Frauenverbände kritisieren zudem, dass sich nichts zum Thema Ehegattensplitting im Ergebnispapier von CDU/CSU und SPD findet. Studien haben gezeigt, dass das Ehegattensplitting Erwerbsarbeit unattraktiv für Frauen macht. Würde es abgeschafft, käme es zu einer höheren Erwerbsbeteiligung von Frauen, prognostizieren Experten. „Insgesamt hätte beim Thema Frauenpolitik mehr drin sein können“, kritisiert Große-Leege.

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