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Große Koalition CDU-Chefin warnt SPD vor „maximaler Belastung“ der Koalition

Zwischen den Koalitionsparteien bahnen sich mehrere neue Streitherde an. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer appelliert an die Genossen.

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Die CDU-Chefin warnt die SPD davor, einen großen Konflikt zu riskieren. Quelle: Bloomberg

Berlin In der großen Koalition eskaliert der Streit über die Wahl von Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer warnt die SPD davor, im Europäischen Parlament gegen die Bundesverteidigungsministerin zu stimmen und damit deutschen Interessen zu schaden.

„Wenn es so kommen sollte im Parlament, dass Ursula von der Leyen nicht die erforderliche Mehrheit erhält, auch wegen des Agierens der SPD, dann ist das auf jeden Fall eine maximale und massive Belastung der Regierungsarbeit und der Koalition“, sagte die CDU-Chefin am Sonntag im ZDF.

SPD-Politiker wie Ralf Stegner betonten dagegen, dass die 16 SPD-Europaabgeordneten gegen von der Leyen stimmen würden. Angesichts des erneuten Streits in der großen Koalition brachte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CSU) eine Minderheitsregierung ins Gespräch.

Seit der Nominierung von der Leyens zur neuen EU-Kommissionspräsidentin durch den EU-Rat der 28 Staats- und Regierungschefs tobt zwischen Union und SPD der Streit über das Abstimmungsverhalten im EU-Parlament. Etliche der 16 SPD-Europaabgeordneten haben bereits angekündigt, gegen von der Leyen stimmen zu wollen, die um eine Mehrheit Mitte Juli kämpfen muss.

Sie bemängeln, dass der Rat mit seiner Personalentscheidung gegen das Spitzenkandidatenprinzip verstößt, wonach der Chefsessel der EU-Kommission von einem Spitzenkandidaten bei der Europawahl besetzt werden soll. Der Rat kann nur einen Vorschlag für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten machen. Das Parlament muss die Person anschließend wählen. Sollte die Wahl scheitern, müsste die Staats- und Regierungschefs einen erneuten Anlauf starten, das komplizierte Personalpaket für die EU-Spitzenposten zu schnüren.

Auch die Forderung der US-Regierung, dass Deutschland Bodentruppen nach Syrien schicken solle, könnte für Streit sorgen. Die SPD lehnt das an. „Zwischen Entwicklungshilfe und Boots on the Ground in Syrien gibt es sicherlich ein Spektrum an sinnvollen Aufgaben, bei denen Deutschland im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten einen Beitrag leisten kann,“ sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Fritz Felgentreu, der Zeitung „Die Welt“.

Kramp-Karrenbauer warnte die SPD, dass sie einen großen Konflikt zwischen dem Parlament und dem Rat in der EU riskiere. „Das schwächt die Handlungsfähigkeit der EU. Und es gibt kein Land in Europa, das so auf eine handlungsfähige EU angewiesen ist wie Deutschland“, sagte sie. „Wer eine solche Linie fährt, der schwächt am Ende des Tages auch deutsches Interesse. Das kann nicht Linie einer Regierungspartei sein.“ Die CDU-Chefin verschärfte damit ihre Wortwahl im Vergleich zu einer früheren Äußerung.

Auch Bundestagspräsident Schäuble äußerte sich zu einem möglichen Bruch der großen Koalition. „Wenn die SPD nach internen Debatten die Koalition vor dem Ende der Wahlperiode verlassen will, sollte die Union allein weiterregieren“, sagte der CDU-Politiker der „Bild"-Zeitung. Große Koalitionen sollten „eigentlich nur Ausnahmen sein“.

Zuletzt hatte bereits Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt, falls sich die SPD in dem Streit entscheiden sollte, aus der Koalition auszusteigen, könne der den Sozialdemokraten nur zurufen: „Dann geht!“

SPD-Vize Stegner nannte die Personalie von der Leyen in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nun „klar einen Minuspunkt bei der Bewertung der Halbzeitbilanz“ der großen Koalition. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kritisierte zwar auch das Vorgehen des EU-Rates, nahm Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aber in Schutz: „Die Bundeskanzlerin hat sich bei der Abstimmung vertragstreu gezeigt und sich enthalten, weil ihr Koalitionspartner SPD die Personalie bekanntlich nicht mitträgt“, sagte er der Zeitung. Die spanische Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Iratxe Garcia, ließ offen, ob sich die Fraktion der Position der SPD anschließen will.

CSU-Chef Markus Söder forderte die Sozialdemokraten auf, der Personalie am Ende zuzustimmen. „Ich kann der SPD nur raten, nicht gleich den nächsten schweren Fehler zu begehen“, sagte Bayerns Ministerpräsident dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Montagausgabe).

Sollte die Besetzung des Chefpostens der EU-Kommission mit von der Leyen scheitern, „haben wir einen europäischen Totalschaden“, betonte Söder. „Wir müssen verhindern, dass es zu einer monatelangen europäischen Krise und Blockade der Institutionen kommt.“

Kramp-Karrenbauer setzte sich zugleich dafür ein, dass für die Europawahl 2024 das Prinzip der Spitzenkandidaten klar festgeschrieben werden müsse. Sie begrüße, dass von der Leyen dies als designierte EU-Kommissionspräsidentin bereits zugesagt habe.

Mehr: Angela Merkels Hinterzimmerdiplomatie ist weder respekt- noch vertrauensvoll. Die Bundeskanzlerin riskiert damit den Bruch der Großen Koalition.

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