Große Koalition CDU und SPD streiten intern über Koalitionsvertrag

In CDU und SPD mehrt sich die Kritik am ausgehandelten Koalitionsvertrag. Bei der SPD steht der scheidende Parteichef Schulz im Mittelpunkt.

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Der erklärte GroKo-Gegner kritisiert den geplanten Rückzug von Martin Schulz als Parteichef scharf. Mit der Personaldebatte belaste Schulz die Mitgliederentscheidung über den Koalitionsvertrag. Quelle: dpa

Berlin Einen Tag nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages haben Politiker von CDU und SPD ihren Unmut geäußert. In der CDU herrschte am Donnerstag wegen der Ressortverteilung Unzufriedenheit, während SPD-Politiker die angekündigte Übergabe des Parteivorsitzes von Martin Schulz an Fraktionschefin Andrea Nahles kritisierten. Zufrieden zeigten sich dagegen CSU-Politiker. Positive Reaktionen auf die Pläne zur Bildung der neuen Bundesregierung kamen aus Frankreich.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erklärte, seine Partei könne mit der Verteilung der Ministerien nicht zufrieden sein, weil sie nicht das Kräfteverhältnis spiegele. In der „Welt“ forderte er eine Erneuerung der CDU. Das während des monatelangen Ringens um eine Regierungsbildung verloren gegangene Vertrauen der Bürger müsse zurückgewonnen werden. „Auch deshalb brauchen wir neue Köpfe.“

Am Mittwoch hatten sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, der noch von den SPD-Mitgliedern, einem CDU-Parteitag und CSU-Gremien gebilligt werden muss. Das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheides soll am 4. März bekanntgegeben werden. Die CDU will ihren Parteitag bereits am 26. Februar in Berlin abhalten.

Nach dem Koalitionsvertrag erhält die SPD sechs Ministerien, darunter die Kernressorts Finanz-, Außen- und Arbeitsministerium. Schulz möchte das Außenministerium übernehmen. Damit will er auch den Weg für eine Erneuerung der SPD freimachen. Inhaltlich konnten sich die Sozialdemokraten mit ihrer Forderung nach Einschränkungen bei befristeten Arbeitsverhältnissen durchsetzen. Dagegen mussten sie in der Gesundheitspolitik Abstriche hinnehmen. Die CDU soll mit Angela Merkel weiter die Regierungschefin stellen. Die CSU konnte unter anderem Begrenzungen der Zuwanderung durchsetzen.

Der CDU-Mittelstandspolitiker Christian von Stetten wertete die Ressortverteilung als „politischen Fehler“. Dies gelte insbesondere für den Verzicht auf das Finanzministerium, sagte er in der ARD. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak. CDU-Vizechefin Julia Klöckner, die als neue Agrarministerin gehandelt wird, zeigte sich dagegen mit den Koalitionsverhandlungen zufrieden: „Wir haben unsere Schlüsselversprechungen unseres Wahlkampfes eingehalten.“ Zur Ressortverteilung erklärte sie im Bayerischen Rundfunk, unter dem Strich habe die Union viele Schlüsselministerien bekommen.

In der SPD kritisierte Juso-Chef Kevin Kühnert die Ankündigung Schulz', den Parteivorsitz an Nahles abzugeben. Die Personaldebatte belaste den Mitgliederentscheid. „Alle inhaltlichen Fragen treten jetzt in den Hintergrund“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die SPD-Linke Hilde Mattheis äußerte sich ähnlich. Im Moment sollten die Themen Erneuerung und Politikwechsel im Vordergrund stehen, sagte sie im Deutschlandfunk. Jusos und andere Gegner des Koalitionsvertrages wollen für dessen Anlehnung werben. Schulz und Nahles wollen für eine Annahme werben.

Familienministerin Katarina Barley (SPD) zeigte sich wegen der Debatte über Schulz' Einzug ins Kabinett verärgert. Dadurch würden sehr gute Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen in den Hintergrund gerückt, sagte sie im Deutschlandfunk. Gerade in der Sozialpolitik und der Bildung seien Erfolge gelungen.

In München betonte der designierte Ministerpräsident Markus Söder, künftig werde das Thema Zuwanderung anders behandelt als vor der Bundestagswahl. Das müsse die Antwort auf das Wahlergebnis und die AfD sein. CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich mit dem Koalitionsvertrag und den personellen Entscheidungen „hochzufrieden“.

In Paris erklärte Finanzminister Bruno Le Maire, der Koalitionsvertrag öffne den Weg für eine Annäherung bei den Vorstellungen für eine Reform der Euro-Zone. Es gebe sehr positive Elemente im Koalitionsvertrag, die mit den Konzepten von Präsident Emmanuel Macron übereinstimmten. Zu den Prioritäten zählten die Vervollständigung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion. Auch eine Angleichung der Unternehmensbesteuerung sei wichtig. Bis Juni sollte ein Einverständnis mit Deutschland erzielt werden.

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