
Berlin Die Spitzen der schwarz-roten Koalition kommen am Sonntag (17.30 Uhr) zur ersten Koalitionsrunde nach der Sommerpause zusammen. Zwei Wochen vor den für CDU und SPD schwierigen Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg dürfte die Runde um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt versuchen, nach den Streitigkeiten der vergangenen Monate Handlungsfähigkeit zu zeigen.
Auf der Tagesordnung stehen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur offiziell lediglich die Außen- und Klimapolitik.
Dennoch ist zu erwarten, dass gerade mit Blick auf die Wahlkämpfe in den Ost-Ländern auch umstrittene Themen wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlages und die Einführung einer Grundrente angesprochen werden. Ob es greifbare Ergebnisse geben wird, war zuletzt offen.
An der Koalitionsrunde sollen neben Merkel wie üblich Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD), die Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Markus Söder (CSU) sowie die drei SPD-Interimsvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel, Manuela Schwesig und Malu Dreyer teilnehmen. Dabei sind auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU), der Interimschef der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
Zu den Beratungen könnte Außenminister Heiko Maas (SPD) hinzukommen, da es auch um die Lage bei der Seenotrettung im Mittelmeer oder den Konflikt mit dem Iran in der Straße von Hormus gehen dürfte.
Kramp-Karrenbauer hatte zuletzt betont, trotz aller Meinungsverschiedenheiten mit der SPD stehe ein Bruch der großen Koalition nicht zur Debatte. „Es wird nicht um den Fortbestand der Koalition gehen, sondern um eine Reihe von inhaltlichen Themen“, sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zu dem Koalitionsgipfel. „Wir haben einen hart verhandelten Koalitionsvertrag. Der ist Grundlage für unsere Zusammenarbeit.“
Kramp-Karrenbauer widersprach auch einem Zusammenhang zwischen einer Einigung mit der SPD beim Abbau des Solidaritätszuschlags und der Grundrente: „Es gibt kein Koppelgeschäft“, sagte sie. In den vergangenen Tagen war in den Reihen der Union die Hoffnung geäußert worden, dass nach dem Entgegenkommen von CDU und CSU beim Abbau des Soli nun die SPD bei der Grundrente auf den Koalitionspartner zugehen werde.
CDU und CSU wollen den Soli für alle ganz abschaffen, begrüßten nun aber die SPD-Pläne. Finanzminister Scholz machte vorab deutlich, dass er nichts von dem Konzept des Wirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) für eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags hält. „Eine Steuersenkung für Millionäre“ stehe nicht auf der Tagesordnung, sagte er der „Bild am Sonntag“. Altmaier will, dass auch Unternehmen und Top-Verdiener schnell entlastet werden.
Beim Thema Grundrente erwartet die Union, dass die Sozialdemokraten - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - einer Bedürftigkeitsprüfung zustimmen. Die SPD lehnt das bisher ab. Kramp-Karrenbauer sagte nun, die Union bestehe weiter auf die Bedürftigkeitsprüfung. „Über die Art der Prüfung kann man reden.“
Die CSU mahnte die SPD zu mehr Koalitionstreue. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der „Bild am Sonntag“: „Nach den Linksträumereien der letzten Wochen muss die SPD zeigen, ob sie noch Willens und in der Lage ist, weiter zu regieren.“ Flucht aus der Verantwortung habe noch nie zu mehr Zustimmung geführt.
Angesichts einer drohenden Rezession fordert der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, die Bundesregierung müsse die Konjunktur jetzt stützen. „Die Politik sollte jetzt reagieren, und das schnell und massiv“, sagte er der „Welt am Sonntag“. „Wir brauchen ein lang angelegtes öffentliches Investitionsprogramm“, forderte er.
Es brauche mehr staatlichen Investitionen – etwa für Sozialwohnungen, erneuerbare Energien oder die Infrastruktur. „Bund, Länder und Kommunen sollten jedes Jahr 30 Milliarden Euro zusätzlich investieren, um die vielen Defizite zu adressieren.“
Der CDU-Wirtschaftsrat verlangte von den Unions-Spitzen, im Streit mit der SPD über den Abbau des Solidaritätszuschlags und die Grundrente hart zu bleiben. „Die Union kann nicht wieder klein beigeben“, sagte der Generalsekretär des Verbandes, Wolfgang Steiger, der Deutschen Presse-Agentur.
Ein solch einseitiger „Kompromiss“ würde am Ende bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlages den Mittelstand ausschließen, aber den Streit um die Grundrente trotz klarer Verabredungen im Koalitionsvertrag nicht lösen.
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