Ein Argument hat Nahles auf ihrer Seite: den Koalitionsvertrag. Nach einer Warnung der Kanzlerin im Herbst hatte die Ministerin ihre erste Fassung des Gesetzes in Pendeldiplomatie zwischen Gewerkschafts- und Arbeitgeberlager zur Konsensfähigkeit abgemildert. Nahles hielt die überarbeitete Fassung für beschlussreif – bis das kam, was sie heute die „Blutgrätsche aus Bayern“ nennt.
Hier haben die meisten Menschen einen befristeten Arbeitsvertrag
Deutschlandweit haben 7,6 Prozent der Frauen und 6,5 Prozent der Männer nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Das geht aus dem IAB-Betriebspanel hervor.
Am besten ist die Lage für Arbeitnehmer in Bayern: Dort arbeiten nur 7,5 Prozent der Frauen und 4,3 Prozent der Männer befristet.
Auch im Norden Deutschlands sieht es gut aus: 7,8 Prozent der Frauen und 5,6 Prozent der Männer haben keinen unbefristeten Job.
In Thüringen hangeln sich 8,2 Prozent der Frauen und 5,9 Prozent der Männer von Befristung zu Befristung.
8,4 Prozent der sächsischen Frauen und 5,5, Prozent der Männer arbeiten befristet.
Im Saarland liegt der Anteil der Frauen, die keinen unbefristeten Arbeitsvertrag haben, wie auch in Sachsen bei 8,4 Prozent. Der Anteil der Männer beträgt 5,8 Prozent.
In Hessen arbeiten ebenfalls 8,4 Prozent der Frauen befristet, bei den Männern sind es 6,4 Prozent.
8,5 Prozent der Frauen arbeiten befristet, bei den Männern haben 6,2 Prozent keinen unbefristeten Arbeitsvertrag.
8,6 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer haben keinen unbefristeten Arbeitsvertrag.
In Rheinland-Pfalz haben deutlich mehr Frauen als Männer einen befristeten Arbeitsvertrag. 8,7 Prozent stehen 5,6 Prozent gegenüber.
Ähnlich deutlich ist das Verhältnis in Baden-Württemberg: Hier haben 8,8 Prozent der Frauen und 5,7 Prozent der Männer einen befristeten Arbeitsvertrag.
Im Stadtstaat Bremen arbeiten 9,2 Prozent der Frauen befristet. Bei den Männern sind es sogar noch mehr: 9,5 Prozent der männlichen Bremer hangeln sich von Vertrag zu Vertrag.
In NRW haben 9,3 Prozent der Frauen und 7,2 Prozent der Männer befristete Arbeitsverträge.
In Brandenburg arbeiten 9,7 Prozent der Frauen befristet. Bei den Männern sind es 10,2 Prozent.
9,9 Prozent der Frauen und 8,2 Prozent der Männer in Mecklenburg-Vorpommern haben keinen unbefristeten Arbeitsvertrag.
In Hamburg sind 10,6 Prozent der Frauen und 7,5 Prozent der Männer befristet eingestellt.
Die Bundeshauptstadt ist trauriger Spitzenreiter: 13,1 Prozent der Frauen und 10,4 Prozent der Männer haben keinen unbefristeten Job.
Umso schärfer tritt sie nun zurück: „Ich werde an dem Text nicht mal mehr ein Komma ändern“, sagt sie der WirtschaftsWoche. Kanzleramtschef Peter Altmaier müsse nun schnell die Ressortabstimmung des Gesetzes einleiten, fordert sie. Nahles’ Problem ist nur: Für die CSU war das harte Veto in erster Linie ein taktisches Foul – um Drohpotenzial in der davon völlig unabhängigen Flüchtlingsfrage aufzubauen. Die wirtschaftspolitische Profilierung gab es gratis dazu. Solange dieser Großkonflikt zwischen München und dem Kanzleramt schwelt, dürfte Nahles unerhört bleiben. Die allermeisten Unternehmer würde der politische Stillstand hier ausnahmsweise freuen.
Elektromobilität
Lange hat sie gezögert, aber nun ist auch Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dabei. Gemeinsam mit ihren Kabinettskollegen Sigmar Gabriel (Wirtschaft, SPD) und Alexander Dobrindt (Verkehr, CSU) fordert sie eine Kaufprämie für Privatkunden von 5000 Euro pro Elektroauto, 3000 für Gewerbetreibende. Der Förderbeitrag soll im Juli starten, bis Ende 2020 laufen und jedes Jahr um 500 Euro pro Auto abgeschmolzen werden. So sollen 2020 mindestens eine Million Stromer auf deutschen Straßen fahren, das erklärte Koalitionsziel.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stemmt sich zwar dagegen, schließlich würde die Subvention – ausgerechnet für die milliardenschwere deutsche Autoindustrie – bis 2020 rund 1,3 Milliarden Euro kosten. Zwar sieht das Konzeptpapier des Minister-Trios eine Beteiligung der Autohersteller von 40 Prozent vor, sodass Schäuble nur mit 800 Millionen Euro kalkulieren müsste. Doch die Kaufprämie wäre nur eine von sieben vorgeschlagenen Maßnahmen. Ziemlich sicher ist, dass der Bund auch den Aufbau von 15 000 Ladesäulen mitfinanzieren, die Batterieforschung fördern und künftig 20 Prozent der Dienstflotten auf Elektroantrieb umstellen will.
Aber selbst Schäuble sträubt sich nicht wirklich, zu klar ist der Wunsch von Kanzleramt und Rest-Kabinett, dem erklärten Millionenziel endlich näherzukommen. Man müsse über intelligente Lösungen nachdenken, heißt es nur noch aus seinem Ministerium. Das nächste Elektromobilitätstreffen zwischen Minister und Bundeskanzlerin wurde von März auf Mitte April verschoben.