Grüne Ministerien Keine Einigung in Sicht

Angeblich haben sich die Grünen geeinigt, welche Ministerien sie wollen und dass Parteichef Cem Özdemir nicht Außenminister werden soll. „Alles Quatsch“, heißt es aus der Riege der grünen Sondierer jetzt.

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Berlin Angeblich sollen sich Chef-Unterhändler bei einem Treffen am vergangenen Sonntag bereits auf die Wunschministerien einer Jamaika-Koalition geeinigt haben. „Das ist definitiv falsch“, sagte ein Mitglied aus dem Sondierungskreis jetzt allerdings dem Handelsblatt, „das Thema wurde am Sonntag gar nicht angesprochen. Da machen sich welche gegenüber der Presse wichtig“.

So sei es beispielsweise völlig unklar, ob es ein eigenes Digitalisierungsministerium geben soll. Auch beim Wirtschaftsministerium sei völlig offen, ob dort auch weiterhin die Energiepolitik und womöglich dort die noch die Digitalisierung angesiedelt sein werde. In der heutigen Sondierungsrunde habe auch Fraktionschef Anton Hofreiter eine Einigung hart dementiert, berichteten Teilnehmer.

Über Ministerämter zu reden mache ohnehin erst Sinn, wenn es tatsächlich zu Koalitionsverhandlungen käme, hieß es weiter. Zuvor müssen die Grünen Unterhändler als einzige der potenziellen Koalitionspartner allerdings erst die grüne Basis auf ihrem Parteitag überzeugen. Der ist bislang für den 25. November geplant.

„Spiegel-Online“ hatte zuvor gemeldet, die Grünen hätten sich geeinigt, dass sie das Umweltressort einfordern wollen und zudem ein weiteres Ökoministerium, also entweder das Landwirtschafts- oder das Verkehrsministerium. Als drittes zielten die Grünen am ehesten auf das Sozialministerium. Vor allem aber habe es einen Konsens gegeben, dass es der Partei nicht nutze, wenn sie das inzwischen eher einflusslose Außenministerium besetzt.

In der Tat gibt es viele einflussreiche Grüne, die das offenkundige Interesse von Parteichef Cem Özdemir am Außenministerium als nicht hilfreich erachten. Özdemir hat zwar immer wieder betont, dass er sich niemals dazu geäußert habe und alles nur die Spekulation vor allem von Journalisten sei. Der Grünenchef mit türkischen Wurzeln, hatte aber in der Zeit der Opposition dieses Feld intensiv besetzt und sich etwa mit einer klaren kritischen Haltung gegenüber dem türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan profiliert und die Armenien-Resolution des Bundestags vorangetrieben. Das brachte ihm extreme Kritik bis hin zu Drohungen aus Teilen der türkischen Gemeinschaft in Deutschland ein. Özdemir spricht zudem hervorragend englisch und natürlich Türkisch und tauscht sich auch mit dem früheren grünen Außenminister Joschka Fischer regelmäßig aus.

Dennoch ist bei den Grünen die Meinung weit verbreitet, dass die Übernahme des Auswärtigen Amtes, zwar Özdemir persönlich nutzen würde, aber für die Partei kaum Mehrwert bringe. Stattdessen halten es manche angesichts des Gezerres zwischen Union und FDP angesagt, um das Finanzministerium zu kämpfen. Die Besetzung mit Özdemir wäre da allerdings schwierig, weil er geraume Zeit bräuchte, sich in die komplizierte Materie einzuarbeiten, räumen Parteifreunde ein. Aber da gebe es ja noch Jürgen Trittin, der fachlich weit besser vorbereitet sei und daher auch Koordinator der Grünen für die Finanzpolitik wurde. Dass der langjährige Umweltminister sich auch dieses Amt zutrauen würde, steht für Partei-Freund wie –Feind außer Frage: „Herr Trittin vermittelt sehr überzeugend, dass er alles kann“, berichtete vor wenigen Tagen der FDP-Wirtschaftsexperte Michael Theurer schmunzelnd auf einer Handelsblatt-Veranstaltung.

Trittin steht allerdings nicht in der ersten Reihe der Minister-Aspiranten, denn er ist zwar nach wie vor einer der führenden Köpfe des linken Flügels, hat aber kein herausragendes Amt mehr inne. Den ersten Zugriff auf ein Ministeramt hätte vor ihm außerdem Fraktionschef Toni Hofreiter, der ebenfalls zum linken Flügel gehört. Er ist ausgewiesener Verkehrs- und auch Umweltexperte.

Dass die Grünen mindestens ein, möglichst zwei ökologisch relevante Ressorts anstreben, ist seit langem Konsens in Partei und Fraktion. Auch das Interesse an einem Sozialministerium ist nicht neu, schließlich haben die Grünen auf dieses Feld im Wahlkampf ihren zweiten Schwerpunkt gelegt. Das könnte Katrin Göring-Eckardt besetzten, die ihr Interesse an einem Ministeramt auch schon deutlich zum Ausdruck gebracht hatte.

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