Grundrente versus Finanzlücke? Unionshaushälter befürchtet noch größeres Milliardenloch

Finanzlücke: Was bedeutet das Milliardenloch für die Grundrente? Quelle: imago images

Das Finanzministerium lässt keinen Zweifel: Die fetten Jahre sind vorbei, neue Ausgaben sind nur noch durch Einsparungen finanzierbar. Doch wie passt die Ansage aus dem Hause Scholz mit den Heil-Plänen zusammen?

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gerät mit seinem milliardenteuren Konzept für eine Grundrente immer stärker in die Kritik. Nicht nur die Union, auch Experten warnen vor neuen Ungerechtigkeiten und einer Kostenexplosion. Die CDU sieht angesichts des absehbaren Milliardenlochs im Bundeshaushalt Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in der Pflicht: „Es muss jetzt einen Kassensturz geben“, sagte CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg der „Passauer Neuen Presse“. „Wir müssen darüber reden, was finanziell geht und was nicht.“

Nach Jahren sprudelnder Steuereinnahmen droht dem Bund wegen der abflauenden Konjunktur ein 25-Milliarden-Loch im Haushalt bis 2023. Das Finanzministerium rechnet mit rund fünf Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen pro Jahr. Es hat deshalb rote Linien für weitere Ausgaben gezogen. Ein Grund für die Probleme liegt aber auch in immer neuen Projekten der Koalition. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht vor diesem Hintergrund darauf, die Finanzierbarkeit der geplanten Grundrente zu klären, die Heil aus Steuergeldern bezahlen will.

Rehberg befürchtet, dass die Haushaltslöcher noch größer werden als angenommen. Die 25-Milliarden-Lücke sei „noch nicht das Ende der Fahnenstange. Das kann noch weiter nach oben gehen“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er verwies darauf, dass die letzte Steuerschätzung auf der Erwartung eines Wirtschaftswachstums von 1,8 Prozent basierte. Zuletzt hatte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Prognose auf 1,0 Prozent gesenkt.

Hinzu kämen Kosten für die Integration von Flüchtlingen, das Kita-Gesetz, den Digitalpakt Schule, die Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse, Verteidigung und Entwicklungshilfe, sagte Rehberg. „Das alles sind nicht Millionen-, sondern Milliardenposten“, sagte er und empfahl dem Finanzminister, den SPD-geführten Ministerien klarzumachen, wie die Lage sei.

SPD-Chefin Andrea Nahles nahm den Arbeitsminister hingegen in Schutz. „Ich kann nur alle ermuntern, sich mit den guten Vorschlägen von Hubertus Heil intensiv zu beschäftigen“, sagte Nahles dem RND. „Respekt und Anerkennung für die Lebensleistung muss uns etwas wert sein, und zwar auch bei denen, die lange für einen kleinen Lohn gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben“, betonte die SPD-Vorsitzende.

Heils Pläne sehen vor, dass Millionen Geringverdiener nach einem langen Arbeitsleben automatisch höhere Renten bekommen sollen. Kleine Renten sollen um bis zu 447 Euro im Monat aufgestockt werden. Zustehen soll die Grundrente all jenen, die mindestens 35 Jahre mit Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Drei bis vier Millionen Rentner sollen profitieren. Heil rechnet mit Kosten in mittlerer einstelliger Milliardenhöhe pro Jahr.

Die Union kritisiert vor allem, dass die höhere Rente gezahlt werden soll, ohne dass der tatsächliche Bedarf geprüft wird. Sie warnt, dass dann auch viele Rentner profitieren würden, die nicht auf Unterstützung angewiesen sind - etwa weil der Partner eine gute Rente hat oder sie noch über andere Einkünfte verfügen. Klar ist: Mit einer Bedürftigkeitsprüfung könnte die Grundrente deutlich billiger werden.

Wie die „Bild“-Zeitung (Dienstag) unter Verweis auf Zahlen der Deutschen Rentenversicherung meldet, hätten nach dem Heil-Konzept bis zu vier Millionen Menschen Anspruch auf die Grundrente, die Kosten würden rund fünf Milliarden Euro im Jahr betragen. Würde der Kreis über eine Bedürftigkeitsprüfung begrenzt, könnten nur noch rund 130.000 Menschen eine Grundrente beziehen. Die Kosten lägen bei rund 200 Millionen Euro – 4,8 Milliarden Euro weniger im Jahr.

Nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers Oliver Holtemöller löst eine Grundrente die Probleme der Altersarmut ohnehin nicht. „Man sollte von der Regierung statt Symbolpolitik erwarten, dass sie die Ursache niedriger Renten angeht. Das Ausgangsproblem sind niedrige Löhne“, sagte der Vize-Präsident des Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Zugleich warnte er vor einer Überlastung der jüngeren Generation.

Ähnlich äußerten sich Nachwuchspolitiker: Es könne nicht sein, „dass der Arbeitsminister mit den Milliarden um sich wirft und damit die jungen Menschen und zukünftige Generationen einseitig belastet“, sagte Markus Hauptmann, Vorsitzender der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion, dem „RND“. Ria Schröder, Chefin der FDP-Nachwuchsorganisation Julis, kritisierte: „Das hat mit Generationengerechtigkeit nichts mehr zu tun.“

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%