Grundsteuer Ein echter Erfolg für die FDP

Zu Beginn der Woche verkündete Parteichef Christian Lindner noch, die FDP könne der Grundsteuer-Reform nicht zustimmen. In langen Verhandlungen konnte seine Partei eine wichtige Änderung durchsetzen. Quelle: dpa

Der Bundestag hat die Reform der Grundsteuer beschlossen. Endlich. Am Ende sorgte die FDP für wirkliche Wahlfreiheit für die Bundesländer.

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Die Einigung kommt, wie so häufig in der Politik, mal wieder kurz vor knapp. Bis Ende des Jahres muss die Grundsteuer neu geregelt werden. So hat es das Bundesverfassungsgericht entschieden, weil die Einheitswerte der bisherigen Berechnungsmethode veraltet sind. Sollte eine Reform bis dahin nicht gelingen, fiele die Steuer weg. Das allerdings wäre katastrophal für die Kommunen, denen Einnahmen von insgesamt mehr als 14 Milliarden Euro entgingen.

Aber dazu kommt es nun glücklicherweise nicht. Nach monatelangem Streit um ein möglichst gerechtes neues Bewertungsverfahren zwischen Union und SPD sowie zwischen Bund und Ländern hat der Bundestag heute das von Bundesfinanzminister Olaf Scholz entworfene wertabhängige Modell beschlossen. Es sieht vor, bei der Berechnung der Grundsteuer unter anderem die Mietkosten, das Baujahr des Gebäudes und die Bodenrichtwerte zu berücksichtigen. 

Einige Länder allerdings sträuben sich bis heute gegen dieses Modell. Sie bevorzugen eine Berechnung nach der Fläche. Scholz hat ihnen als Kompromiss eine sogenannte Öffnungsklausel ins neue Gesetz geschrieben, die ihnen die Möglichkeit geben soll, selbst über die Wahl der Berechnungsmethode entscheiden zu können. Dafür ist allerdings eine Grundgesetzänderung nötig. Der Finanzminister braucht für seine Reform also die Stimmen der Grünen und der FDP. Und die Liberalen nutzten ihre Position geschickt, um endlich einmal mitzuregieren statt nicht zu regieren.

Und täglich grüßt der Bürokratieabbau

Zu Beginn der Woche verkündete Parteichef Christian Lindner, die FDP könne der Reform nicht zustimmen. Ein politisches Signal an den Finanzminister: Das werden harte Verhandlungen. Doch obwohl die Liberalen das Scholz-Modell ablehnen und für das Flächenmodell werben, lieferte Lindner eine ganz andere Begründung für seine Blockadehaltung: Die Öffnungsklausel öffne Tür und Tor für unnötige Bürokratie. Es bestehe die Gefahr, dass Eigentümer in manchen Bundesländern zwei Steuerabrechnungen abgeben müssten. Und das sei ja wohl wirklich Quatsch.

Zu viel Bürokratie also. Was auch sonst? Schließlich ist das der typische Sound der FDP-Oppositionspolitik im Bundestag: Ein sich stets wiederholender Refrain über die schwere Last der Bürokratie, die den Mittelstand erdrückt. Dazwischen zehn Strophen über mögliche Milliardenentlastungen. Und im Hintergrund singt immer einer das Hohelied der Soli-Abschaffung.  

Kein Wunder: Der Bürokratieabbau ist so ziemlich die praktischste aller Forderungen für einen liberalen Oppositionsabgeordneten. Nicht, weil man nur darüber reden und nichts machen kann. Das gilt für so vieles in der Opposition. Nein, es ist vielmehr das Allgemeine und Ungefähre, das bei dieser Forderung mitschwingt. Bürokratieabbau klingt immer vage. Und kaum jemand wird sich noch erinnern, was genau die FDP denn vereinfachen wollte, wenn sie demnächst vielleicht selbst wieder Teil einer Regierung ist. Auch bei der Grundsteuerreform kam aus der SPD der wenig überraschende Vorwurf, Lindner und seine FDP-Fraktion wollten die Gunst der Stunde nur für die eigene Publicity nutzen.

Doch, so viel darf man ihnen schon zugestehen, in diesem Fall lagen die Liberalen völlig richtig. Nicht nur drohte völlig überflüssige Bürokratie. Die zu erwartende Bürokratie wiederum drohte sogar, die Öffnungsklausel an sich völlig überflüssig zu machen.

Das hat mit dem Länderfinanzausgleich zu tun. Um eine vergleichbare Grundlage für die Ausgleichszahlungen zu haben, hätte der Bund aus allen Ländern, die sich gegen das Scholz-Modell entscheiden, dennoch die Daten benötig, um die Grundsteuer dort auch nach dem Scholz-Modell zu berechnen. Bürger hätten Angaben machen müssen, die für die eigentliche Erhebung ihrer Grundsteuer gar nicht gebraucht würden – sondern nur für den Länderfinanzausgleich. Und aus Sorge, ihren Bürgern diesen Aufwand zuzumuten, hätten wohl viele Länder ein andere Berechnungsmethode als das Scholz-Modell gar nicht erst in Erwägung gezogen. Die Öffnungsklausel wäre eine Farce gewesen.    

In zwei Tagen mit langen Verhandlungen hat die FDP genau das verhindert. Nach Monaten voller Reden über die bedrohte Freiheit von Schnitzelessern, Dieselfahrern und Mallorcaurlaubern haben die Liberalen nun eine wirklich wichtige (föderale) Freiheit geliefert.

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