Grundsteuer Grundeigentümer hoffen auf Vorgaben aus Karlsruhe

Verfassungsgericht urteilt am Dienstag über Grundsteuerreform Quelle: dpa

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet am Dienstag, ob die bisherige Grundsteuer gegen das Grundgesetz verstößt. Für Mieter soll es nicht teurer werden - doch wer verliert und wer gewinnt, ist noch offen.

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Die Grundsteuer wird reformiert. So viel ist klar. Dennoch lohnt sich am Dienstag ein Blick nach Karlsruhe. Denn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Besteuerungsgrundlage, den Einheitswerten, wird Auswirkungen auf die von der großen Koalition bereits geplante Reform haben. Der Eigentümerverband Haus & Grund erhofft sich vom Urteil klare Vorgaben. „Hoffentlich äußert sich das Verfassungsgericht auch dazu, inwieweit die Bodenrichtwerte Gegenstand von Steuererhebung sein müssen“, sagte der Präsident von Haus & Grund, Kai H. Warnecke, der Deutschen Presse-Agentur.

Der Erste Senat urteilt darüber, ob die zum Teil Jahrzehnte alten Einheitswerte der 35 Millionen Grundstücke in Deutschland, die Grundlage zur Berechnung der Grundsteuer sind, gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Ihre Festlegung reicht in den westlichen Bundesländern bis 1964 und in den neuen Bundesländern sogar bis 1935 zurück. Die Einheitswerte für Grundstücke sollen eigentlich alle sechs Jahre neu festgelegt werden, um Veränderungen der Bebauung und des Umfeldes zu berücksichtigen. Das ist jedoch nie geschehen.

Warnecke geht davon aus, dass das Gericht die Verfassungswidrigkeit feststellt. Da das Bundesverfassungsgericht nach eigenen Angaben durch ein Urteil keine Situation schaffen will, die schlechter ist als ein ohnehin schon verfassungswidriger Zustand, wird in der Regel eine Übergangsfrist festgelegt. Ein ersatzloser Wegfall der Steuer droht also nicht. In der Verhandlung waren sich die Teilnehmer nicht einig, wie viele Jahre nötig sind, um neue Berechnungsgrundlagen zu schaffen. „Die Länder haben bis zu zwölf Jahre gefordert, das wäre schon dramatisch lang“, sagt Warnecke. Sein Verband halte zwei Jahre für angemessen.

Die Grundsteuer wird zwar im Grundsatz vom Bund geregelt, sie steht aber den Kommunen zu und trägt mit aktuell fast 14 Milliarden Euro Aufkommen im Jahr rund zehn Prozent zu den Haushalten von Städten und Gemeinden bei. Die Berechnung auf Grundlage des Einheitswertes ist mehrstufig. Dieser wird erst mit einer Messzahl, die nach Art des Objekts und Größe der Kommune variiert, und dann dem Hebesatz, den jede Stadt oder Gemeinde selbst festsetzt, multipliziert.
Die Grundsteuer trifft die Eigentümer und wird an Mieter weitergegeben. Der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte in der Verhandlung noch in seiner Funktion als Finanzsenator vor einer massiven Mehrbelastung für Mieter durch eine Reform gewarnt. Eine Neufestlegung der Einheitswerte würde Millionen Mieter treffen, deren Immobilien in den vergangenen Jahren ohne eigenes Zutun eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hätten, sagte er.

Das Bundesverfassungsgericht war ins Spiel gekommen, weil der Bundesfinanzhof drei Vorlagen nach Karlsruhe geschickt hatte und außerdem zwei Verfassungsbeschwerden vorlagen. Das Kernproblem: Wegen fehlender Neubewertungen kann es sein, dass vergleichbare Grundstücke und Gebäude verschiedener Baujahre völlig unterschiedlich bewertet werden - zum Beispiel weil aus einem Arbeiterstadtteil über Jahrzehnte ein teures In-Viertel geworden ist.

Was Sie über die Grundsteuer-Entscheidung wissen müssen

Für die Reform gibt es verschiedene Vorschläge. Den Bodenwert wollen zum Beispiel der Deutsche Mieterbund und die Umweltorganisation Nabu in den Vordergrund rücken. Das soll der Spekulation entgegenwirken. Ungenutzte, aber für die Bebauung vorgesehene Grundstücke würden höher belastet. „Indem innerörtliche Brachen und Baulücken besser genutzt werden, ist weniger Neubau auf der grünen Wiese erforderlich“, sagt der Bundesgeschäftsführer des Nabu, Leif Miller.

Dieses Modell wird bisher von der Mehrheit der Bundesländer favorisiert. Haus-&-Grund-Präsident Warnecke mahnt jedoch, es ,,würde wegen nötiger Neubewertungen großen Aufwand" bedeuten und zu großen Unterschieden zwischen ähnlichen Grundstücken innerhalb einer Gemeinde führen. Der Verband fordert ein Modell, das Marktschwankungen ausgleicht. Grundlage sollten die Grundstücksgröße und die Bebauung sein. „Dann schafft man das auch in zwei Jahren.“

Ähnlich sieht das der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) als Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Die beim Bodenwertmodell nötige Neubewertung von 35 Millionen Grundstücken wäre kaum zu schaffen. Außerdem müssten die Gebäude berücksichtigt werden, weil eine Bodensteuer nicht verursachergerecht sei. Der Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Steuerrecht, Hans Volkert Volckens, rechnet damit, dass die Verfassungsrichter eine kurze Frist zur Neuregelung vorgeben.

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