Grundsteuerreform Besteuerung nach der Fläche ist einfach, praktisch – unmöglich

Olaf Scholz (SPD) Quelle: Getty Images

Ifo-Wissenschaftler empfehlen für die neue Grundsteuer eine flächenbezogene Besteuerung – als beste Lösung für 35 Millionen Immobilien und nach dem Wunsch von Olaf Scholz. Die politische Realität lässt das aber nicht zu.

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Das Ergebnis der Studie überrascht nicht. Erstens stammt sie vom liberalen Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, zweitens haben sie zwei Eigentümerverbände in Auftrag gegeben, und drittens ist sie vernünftig. Die Grundsteuer soll künftig nach der Grundstücks-, Wohn- und Nutzfläche bestimmt werden, empfehlen die Wissenschaftler. Alle anderen Optionen mit einer vorherigen Ermittlung der Immobilienwerte oder Ertragswerte seien dagegen extrem schwierig und nur sehr langwierig zu ermitteln, warnen die Ifo-Experten. Damit wäre eine flächenbasierte Besteuerung die einfachste und praktischste Lösung, um die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestufte Ermittlung der Grundsteuer nach den alten Einheitswerten von 1964 (in Ostdeutschland von 1936) zu ersetzen.

Doch was von Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern als richtig und praktikabel betrachtet wird, ist in unserem Land noch lange nicht politisch erwünscht oder durchsetzbar. Diese Erfahrung muss auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) machen, der bis vor wenigen Monaten noch ein vehementer Verfechter einer Grundsteuer nach Fläche war. Als Hamburger Bürgermeister plädierte er zusammen mit den Bayern dafür, und zwar aus Sorge, dass es bei einer Berechnung nach aktuellen Immobilienwerten zu dramatisch steigenden Grundsteuern in der Hansestadt käme.

Allerdings waren 14 andere Ministerpräsidenten dagegen, die ihrerseits einen wertbasierten Ansatz für unverzichtbar halten. Scholz, oh welche Ironie, hat nun das Problem, als Bundesfinanzminister eine Lösung finden zu müssen, der alle Länder zustimmen. Er kann also die Mehrheitsmeinung nicht einfach ignorieren, er kann auch nicht den Entscheidungsprozess blockieren. Scholz muss eine Lösung finden, die nach den Gesetzen der Politik ein Kompromiss sein wird. Also irgendwie wohl eine Mischung aus Wertermittlung und Pauschalisierung, um die künftige Berechnung der Grundsteuer nicht allzu sehr ausufern zu lassen.

Praktikabler Ansatz gesucht

Aber vielleicht wagt der Bundesfinanzminister ja doch noch einen Anlauf, um für seine alte Position zu werben, die dem Ifo-Vorschlag ähnelt. Da ist zum einen der praktische Aspekt, dass nur ein flächenbezogener Ansatz verwaltungsmäßig einigermaßen zu handhaben ist. Denn die Ermittlung des Verkehrs- oder Ertragswerts jeder einzelnen Immobilie würde die Finanzverwaltung in ganz Deutschland auf Jahre blockieren (und Gutachtern ein Bombengeschäft sichern). Und jeder Eigentümer, der sich zu hoch bewertet fühlt, könnte dagegen klagen und die Finanzgerichte auf Jahre blockieren (und den Gutachtern ein weiteres Bombengeschäft sichern). Auch mit dem Argument der vermeintlichen Gerechtigkeit könnte sich Scholz noch einmal auseinandersetzen.

Beispiele zur Berechnung der Grundsteuer

Wer teurere Immobilien bewohnt, so sagen viele, soll gefälligst auch mehr Grundsteuer bezahlen. Das heißt aber auch: Wer teuer wohnen muss, weil in München, Hamburg oder Berlin Mieten und Preise rasant steigen, müsste oben drauf noch mehr Grundsteuer zahlen. Für bezahlbares Wohnen sorgt man so nicht. Ohnehin krankt unser politisch-soziales Gerechtigkeitsstreben daran, überall umverteilen zu wollen. Warum belassen wir es nicht einfach dabei, für Umverteilung an der Quelle zu sorgen, nämlich bei der Einkommensgewinnung? Und mit einer Spitzenbesteuerung nahe 50 Prozent (Einkommensteuer + Soli + Reichensteuer) sollte man eigentlich sagen können, dass der Umverteilung hierzulande genüge getan wird. Es würde auch das Problem der notwendigen Reform der Grundsteuer lösen helfen.

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