Das Leben als Bundeskanzlerin ist lehrreich – und sei es nur in Sachen Parteifinanzen: Feiert der Parlamentskreis Mittelstand der Union, ist Angela Merkel als CDU-Chefin dabei. Bei der Sause im Juli vorigen Jahres stattete sie den Imbissständen einen Besuch ab. Bei Krabbenbaguettes und Fischbrötchen plauderte sie mit dem Theken-Mann: „Wo kommen Sie her?“ Von der Küste vielleicht? Aber nein: „Von Karstadt.“
Willkommen in der Sponsorenwelt der Politik. Hier finanzieren Autohersteller und Brauer Feste für Abgeordnete, mieten Energiekonzerne und Pharmafirmen Werbestände bei Parteitagen, gehen Amtsträger und Alphatiere auf Tuchfühlung. Grell erhellt das Licht eine Grauzone, seit die fragwürdigen Verbindungen von Bundespräsident Christian Wulff mit Gönnern aus der Unternehmenswelt bekannt wurden.
Unternehmen suchen die Nähe zu Politikern, Politiker suchen finanzielle Unterstützung. Sponsoring heißt das Zauberwort. Es geht um Einladungen an Amtsträger zum puren Amüsement, um Unterstützung von Regierungsstellen mit Geld, auch um verdeckte Parteienfinanzierung.
Unternehmens-Knigge
Große Unternehmen, die Sportveranstaltungen und Vereine sponsern, haben sich zur Vereinigung S 20 zusammengeschlossen. Zu ihnen gehören unter anderem Adidas, Allianz, Coca-Cola, Daimler, Deutsche Post und Telekom, RWE oder Siemens. 2011 veröffentlichte der Verein den Leitfaden „Hospitality und Strafrecht“, nach dem die Firmen Politiker oder Beamte politisch korrekt zu Sport- und Kulturveranstaltungen einladen können.
„Das Ganze ist juristisch nicht einfach“, sagt S-20-Vorstandschef Stephan Althoff, der für die Telekom arbeitet. Aber nötig, denn Sponsoren bekommen Einladungen oder VIP-Kontingente beim verunsicherten Publikum nicht mehr ohne Weiteres los.
Beamte oder Angestellte des Bundes dürfen grundsätzlich keine Belohnung, Geschenke oder Vorteile annehmen.
Ausnahmen gelten nur, wenn Vorgesetzte ausdrücklich oder stillschweigend zustimmen. Minister und Staatssekretäre des Bundes müssen Geschenke melden, die Bundesregierung entscheidet. Ähnliches gilt für Landesregierungen.
Für Beschäftigte im öffentlichen Sektor, also bei Firmen mit Staatsbeteiligung (Landesbanken oder auch die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit), gelten vergleichbar strenge Regeln.
Problematisch wird es, wenn eine Einladung im Zusammenhang mit einer Entscheidung oder der unmittelbaren Arbeit eines Amtsträgers steht. Das wäre eine Unrechtsvereinbarung.
Alles soll transparent sein: Einladungen sollen an die Dienststelle gehen und den Hinweis auf die nötige Genehmigung von oben enthalten. Partner und Familie dürfen üblicherweise nicht mit.
Grob gilt: Kontaktpflege ist erlaubt, Klimapflege, also das Erkaufen eines allgemeinen Wohlwollens von Politikern und Beamten, jedoch nicht.
Der Unterschied zu Spenden
Anders als bei Spenden sind beim Sponsoring Leistung und Gegenleistung verbunden. Doch Parteien müssen die Gönner nicht veröffentlichen, wie das Gesetz es bei Spenden ab 10.000 Euro verlangt. Die Ausgaben als Sponsor sind steuerlich absetzbar. Selbst Staatsfirmen wie die Deutsche Bahn oder Körperschaften wie die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) dürfen hier ran.
Das Ganze ist auch eine Folge der CDU-Spendenaffäre. Nachdem der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl sich Ende der Neunzigerjahre geweigert hat, die Namen von Spendern preiszugeben, obwohl dies das Gesetz verlangt, wurden die Regeln für Zuwendungen an die Parteien verschärft. Dies sorgte für Ebbe in den Kassen. Fortan schnellten bei Union, SPD und Co. die sonstigen Einnahmen hoch; ein Gutteil ist Sponsoring. Das Geflecht aus Geschäft, Geschenken und Gefälligkeiten gedieh.