Habeck zu KfW-Förderstopp „Dieses Programm ist völlig aus dem Ruder gelaufen“

Robert Habeck am Freitag in Berlin Quelle: REUTERS

Nach dem Schock des plötzlichen KfW-Förderstopps werden Tausende Bauherren auf eine Geduldsprobe gestellt. Wie es weitergeht, ist unklar. Im Gespräch sind Härtefall-Regelungen.

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Nach dem Schock des plötzlichen KfW-Förderstopps werden Tausende von Bauherren nun auf eine Geduldsprobe gestellt. Die Bundesregierung hat sich intern noch nicht darauf einigen können, wie es mit den eingegangenen, aber noch nicht beschiedenen Anträgen weitergeht. Im Gespräch sind Härtefallregelungen und ein Darlehensprogramm über die KfW. Die ursprüngliche Förderung, mit der viele private Haushalte gerechnet haben, dürfte es aber nicht geben.

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) machte den Betroffenen am Freitagabend etwas Hoffnung. „Einiges, möglicherweise vieles, werden wir noch finanzieren können“, sagte er beim Grünen-Parteitag. Er nannte Projekte mit hohen Standards oder besonderen sozialen Anliegen. 1,8 Milliarden Euro Fördergelder seien noch übrig, es komme noch „ein bisschen was“ dazu.

Habeck sprach mit Blick auf den Stopp erneut von einem harten Einschnitt, er könne den Zorn vieler Menschen verstehen. „Aber dieses Programm ist völlig aus dem Ruder gelaufen“, sagte er. Das Programm wäre ohne Stopp auf ein Volumen von 14 Milliarden Euro zugelaufen. „Diese 14 Milliarden wären weg gewesen.“ Ziel sei es, beim nächsten Förderprogramm Gelder sozial und ökologisch zielgenauer einzusetzen. Habeck: „Und ja, es ist unangenehm gewesen, diese Entscheidung politisch zu verantworten und dann das Backup dafür zu geben und den Kopf dafür hinzuhalten. Aber umgekehrt, wie froh können wir sein, dass wir jetzt die Verantwortung haben.“ Das nächste Programm dauere etwas, es werde aber sozialer ausgerichtet sein und eine bessere Bilanz „Geld und CO2-Emission“ haben.

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Von dem heftig umstrittenen Förderstopp für energieeffiziente Gebäude sind rund 4000 private Hausbauer betroffen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Diese Zahl sei geringer als zunächst befürchtet, hieß es. Der Großteil der noch offenen Anträge entfalle auf Unternehmen.

Insgesamt sind rund 24.000 Anträge bei der Gebäudeförderung über die staatliche Förderbank KfW vom Stopp betroffen. 22.000 Anträge betreffen Neubauten und das sogenannte Effizienzhaus 55. Von diesen entfallen rund 4000 auf private Antragsteller für Wohngebäude, die übrigen auf Unternehmen und Kommunen.

„Solange die von der Bundesregierung durch den plötzlichen Förderstopp ausgelöste Unsicherheit in der Branche herrscht, wird nicht weiter gebaut“, sagte Andreas Ibel, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. „Kurzfristig – und zwar sofort – muss der Förderstopp aufgehoben werden. Nur so lässt sich der entstandene Schaden begrenzen und nur so können wir auch überhaupt darüber nachdenken, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr klimaschonend zu bauen. Es muss schnell etwas passieren.“ 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, das ist das Ziel der neuen Bundesregierung.

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Das Wirtschaftsministerium sowie die Ressorts Finanzen und Bauen ringen nun darum, was mit den offenen Anträgen passieren soll. Das Wirtschaftsministerium will dem Vernehmen nach den Schwerpunkt auf Sanierungen legen.

Am Montag hatte das Wirtschaftsministerium überraschend angekündigt, dass bei der KfW ab sofort keine neuen Anträge für die Förderung effizienter Gebäude mehr gestellt werden können. Dies gilt für das sogenannte Effizienzhaus (EH) 55 im Neubau, das EH40 im Neubau sowie die energetische Sanierung. Vor allem die Ankündigung der Vorgängerregierung, das EH55-Förderprogramm Ende Januar einzustellen, habe bei der KfW zu einem beispiellosen Antragsboom geführt. Die Einstufungen bedeuten, dass Gebäude 55 Prozent beziehungsweise 40 Prozent der Energie verbrauchen, die Standardhäuser benötigen.

Bei der Verkündung des Förderstopps sagte Energiestaatssekretär Patrick Graichen mit Blick auf die schwarz-rote Vorgängerregierung und den früheren Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), es sei eine „veraltete Förderung“ fortgeschrieben worden, die falsche Anreize setze. Beim Effizienzhaus 55 werde ein Standard mit Steuergeldern gefördert, der sich längst am Markt durchgesetzt habe. Fördermittel sollten künftig dort gezielt eingesetzt werden, wo die CO2-Einsparung am höchsten sei.

Für das Effizienzhaus 55 könnte es nun Härtefallregeln geben, den wohl weitaus meisten Antragstellern könnten zinsgünstige Darlehen über die KfW angeboten werden - nicht aber wie bei der KfW-Förderung ein Tilgungszuschuss. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte dem „Spiegel“: „Wichtig ist, dass die Antragsteller jetzt schneller Klarheit über ihre Anträge bekommen.“ Und wichtig sei, dass Neubau weiter gefördert werde.

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