
„Nach heutiger Sicht wird sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt auch infolge der Finanzmarktkrise 2009 nicht verschlechtern“, sagte Weise im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Die Reformen der vergangenen Jahre haben den Arbeitsmarkt durchlässiger gemacht, und auch die Bundesagentur ist auf schwierigere Zeiten eingestellt.“
Der Arbeitsmarkt sei in einem „viel besseren Zustand als bei früheren Abschwüngen“. Wenn die Bundesregierung jetzt ihre Wachstumsprognose von 1,2 auf 0,5 Prozent zurücknehmen sollte, so Weise, „wäre das zwar nicht schön, aber auf dem Arbeitsmarkt käme es nicht zu einem Desaster“. Laut Weise würde der Arbeitsmarkt allenfalls stagnieren. „Wir könnten die Arbeitslosigkeit dann nicht weiter abbauen – aber sie würde auch nicht weiter steigen.
Nach Einschätzung Weises prägt die Finanzkrise in Deutschland die Realwirtschaft nicht so stark wie in den USA. „Wir haben inzwischen viele Hinweise darauf, dass auch bei 0,5 Prozent Wachstum noch Beschäftigung entsteht. Viele mittelständische Unternehmen verfügen zudem über eine gute Auftragslage und werden auch dann noch gern einstellen, wenn sich die Konjunkturaussichten etwas eintrüben.“ Erst bei einer Fortsetzung der Krise rechnet Weise auch wieder mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit. „2009 wird die Lage auf dem Arbeitsmarkt sicher stabil bleiben. Danach allerdings könnte uns ein weltweiter Konjunktureinbruch treffen.“
Angesichts der neuen Wirtschaftslage hält Weise Forderungen aus der Union, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von derzeit 3,3 Prozent auf 2,8 Prozent abzusenken, für „ein Risiko“. „Die Wirtschaft würde es verunsichern, wenn wir die Beitragssätze erst senken, um sie 2009 oder 2010 wieder erhöhen zu müssen“, sagte Weise. Eine Absenkung auf drei Prozent sei dagegen „realistisch, wenn die Politik keine neuen Arbeitsmarktprogramme auflegt“. Auf Basis der jetzigen Eckdaten könne ein Beitragssatz von drei Prozent sogar bis 2012 „sehr verlässlich durchkommen“.
Eine stärkere Beitragssenkung sei dagegen nur möglich, wenn die Politik die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung senke. So ließen sich etwa im Hartz-IV-System „noch Milliarden einsparen, ohne dabei weniger für die Menschen zu tun“, sagte Weise. „Meine Erwartung wäre, dass man die Grundsicherung effizienter und transparenter macht, anstatt das Letzte aus der Arbeitslosenversicherung herauszuquetschen“.
Kürzung des Hartz-IV-Satzes für Jugendliche
Weise hat zudem eine Kürzung des Hartz-IV-Regelsatzes für Jugendliche gefordert. Damit solle der Druck auf junge Menschen erhöht werden, eine Ausbildung zu beginnen. Im Gespräch mit der WirtschaftsWoche sagte Weise: „Wir können uns einen Sozialstaat leisten, der Bedürftigen hilft und trotzdem leistungsfähig ist. Das ist ja nichts Schlechtes. Kritisch wird es nur dann, wenn die Grundsicherung so hoch ist, dass der Anreiz zur Arbeit schrumpft.“ Das sei vor allem bei jungen Menschen der Fall. Die Grundsicherung für Jugendliche dürfe daher „nicht höher sein als die Höhe der Ausbildungsvergütung am untersten Rand“, sagte Weise. „Dann nämlich wäre jede Ausbildung besser als rumzusitzen und abzuwarten.“
Für Arbeitnehmer, die „jahrelang gearbeitet haben, eine Familie ernähren, ein Haus gebaut haben und daher weniger mobil sind“, sei dagegen der Fürsorgegedanke wichtig. Sie bräuchten eine „anständige Grundsicherung“, um den weiteren Abstieg zu vermeiden. „Aber bei jungen Menschen wäre ich bewusst strenger“, sagte Weise. „Denken Sie doch nur einmal an Städte in Ballungsgebieten. Dort sind viele junge Menschen arbeitslos, vor allem mit Migrationshintergrund. Das hat verschiedene Gründe. Aber man muss auch kritisch hinterfragen, ob der Anreiz, eine Arbeit oder Ausbildung anzunehmen, für diese jungen Menschen möglicherweise deshalb zu gering ist, weil die Regelsätze noch zu hoch ausfallen.“