Hasskommentare bei Facebook „Für die Demokratie eine ernste Bedrohung“

In der Debatte um Hasskommentare wächst der Druck auf Justizminister Maas. Politiker von Union und Opposition halten es für überfällig, dass der SPD-Politiker eine härtere Gangart gegen Facebook & Co. einschlägt.

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Die Grünen werfen Facebook vor, sich bis heute zu weigern, ausreichend Personal einzustellen, um eine umgehende Prüfung gemeldeter Kommentare entlang der deutschen Rechtslage sicherzustellen. Quelle: dpa

Berlin Der Ruf nach einem schärferen Vorgehen des Gesetzgebers gegen Hasskommentare bei sozialen Netzwerken wie Facebook und Twittern wird immer lauter. Justizminister Heiko Maas (SPD) brachte zwar bereits härtere Regeln ins Spiel, konkrete Vorschläge hat er jedoch bisher nicht präsentiert. Die Koalitionspartner von CDU und CSU machen nun allerdings Druck – allen voran die CDU, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf ihrem Bundesparteitag Anfang Dezember einen entsprechenden Beschluss fassen will.

Die Absicht der CDU, härter gegen Hass im Internet vorzugehen, stößt auf ein positives Echo bei CSU und Grünen. „Die Betreiber sozialer Netzwerke müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden. Es kann nicht länger hingenommen werden, dass sie mit der Bereitstellung solcher Angebote Millionen verdienen, eine Löschung strafrechtlich relevanter Inhalte oder auch von Hasskommentaren innerhalb einer kurzen Frist aber als unzumutbar ablehnen“, sagte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer dem Handelsblatt.

Dies sollten die Betreiber sozialer Netzwerke „auch bereits aus eigenem Interesse tun“, betonte der CSU-Politiker. „Denn niemand kann ernsthaft sein Geld mit der Verbreitung extremistischen Gedankengutes verdienen wollen.“ Man dürfe daher auf die konkreten Vorschläge von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) gespannt sein.

Auch die Grünen sehen Maas nun am Zug. „Dass nun auch die CDU das Problem erkannt hat, ist begrüßenswert. Noch begrüßenswerter wäre es, wenn die Bundesregierung endlich Facebook und andere Netzwerke in die Pflicht nehmen würden, wie wir es seit nunmehr mehr als einem Jahr immer wieder fordern“, sagte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Handelsblatt. „Das Verbreiten von Hass und Hetze ist alles andere als eine Bagatelle“, fügte er hinzu.  Diejenigen, die „klar strafbare“ Hasskommentare verbreiteten, müssten hierfür „konsequent zur Rechenschaft gezogen“. Noch immer  gebe es aber „offensichtliche, ganz erhebliche Defizite bei der Umsetzung des geltenden Rechts“. Aufgabe der Bundesregierung wäre es daher, diese „schnellstmöglich“ abzustellen.

Die CDU strebt schärfere Regeln für die Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter an. Auch Bußgelder sind demnach denkbar, sofern „persönlichkeitsverletzende oder strafbare Kommentare“ durch den Anbieter der jeweiligen Kommunikationsplattform nicht innerhalb einer bestimmten Frist gelöscht werden. So lautet die Empfehlung der Antragskommission der Partei für den Parteitag am 6./7. Dezember in Essen. Geprüft werden solle, inwiefern das Telemediengesetz um weitere konkrete Maßnahmen ergänzt werden könne. Denkbar seien zum Beispiel „feste Fristen, nach deren Ablauf das unterbliebene Löschen eines Hasskommentars mit Bußgeldern belegt werden kann“, heißt es in der Empfehlung.


„Die Dimension der Problematik ist mittlerweile dramatisch“

Maas hatte erst am Donnerstag vergangener Woche deutlich gemacht, dass er mit den bisherigen Bemühungen mehrerer Netzwerke für ein schnelleres Löschen unzufrieden ist. Ohne wesentliche Verbesserungen wären gesetzliche Maßnahmen zu prüfen. Allerdings, so sein Plan, will er den Internetformen noch bis Frühjahr nächsten Jahres Zeit geben, ihren Umgang mit Hass-Postings zu verbessern.

Für den Grünen-Politiker von Notz sind die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung indes „kaum mehr als ein Witz“. Justizminister Maas mache auch hier seinem Ruf als „Ankündigungsminister“ alle Ehre. „Während er sich vor mit Hate Speech besprühten Wänden ablichten lässt, ergehen sich seine Aktivitäten ansonsten im Schreiben offener Briefe und Bitten an die Unternehmen, sich an deutsches Recht zu halten“, sagte er. Erst als der öffentliche Druck zu groß geworden sei, habe er im vergangenen Jahr eine Task Force eingerichtet, deren Ergebnisse jedoch einem „schlechten Scherz“ gleichkämen. Auch der Bundesrat habe mittlerweile die Geduld mit der Bundesregierung verloren und sie mehrfach „sehr deutlich“ aufgefordert, endlich zu handeln, sagte von Notz weiter.

Den aus Sicht des Grünen-Politikers überfälligen Handlungsbedarf erklärt von Notz damit, dass Hasskommentare „für den demokratischen Grundkonsens in unserem Land zu einer ernsten Bedrohung geworden“ seien. „Die Dimension der Problematik ist mittlerweile dramatisch“, betonte er. „Sie ist auch dadurch überhaupt erst entstanden, da die Bundesregierung es über Jahre verpasst hat, milliardenschwere Unternehmen, die sich nicht an Recht und Gesetz gebunden fühlen, an die klaren rechtlichen Vorgaben zu erinnern, die das Strafgesetzbuch vorgibt.“

Facebook warf er vor, sich bis heute zu weigern, ausreichend Personal einzustellen, um eine umgehende Prüfung gemeldeter Kommentare entlang der deutschen Rechtslage sicherzustellen. „Stattdessen arbeitet ein Heer von Clickworkern auf den Philippinen und andernorts und prüft entlang selbstgesteckter, international geltender Gemeinschaftsstandards. Das ist absolut inakzeptabel“, sagte von Notz. Dass die Bundesregierung sich ein solches Vorgehen noch immer gefallen lasse, sei „grotesk“.

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