Historische Niederlage SPD-Chef Schulz dachte am Wahlabend an Rücktritt

Auch nach der historischen Niederlage der SPD will der Vorsitzende Schulz Regie bei der Neuausrichtung der Partei führen. Im Dezember will er sich auf dem Parteitag wiederwählen lassen und dann eine Reformdebatte führen.

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Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl hat SPD-Vorsitzender Martin Schulz über einen Rücktritt nachgedacht. Quelle: Reuters

Berlin SPD-Chef Martin Schulz hat am Abend der Bundestagswahl nach eigenen Angaben an einen Rücktritt gedacht. Dies machte Schulz am Freitag in einem Schreiben an die über 440.000 SPD-Mitglieder deutlich. In dem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief verspricht der Parteichef einen „strukturellen, organisatorischen, inhaltlichen und strategischen Neuanfang“, den er gemeinsam mit Fraktionschefin Andrea Nahles voranbringen wolle. „Es geht in den nächsten vier Jahren um nicht weniger als um die Existenz der deutschen, ja der europäischen Sozialdemokratie“, warnt Schulz. Unter seiner Führung hatte die SPD bei der Bundestagswahl am Sonntag mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Wahlergebnis in der Nachkriegszeit erzielt.

„Natürlich habe ich am Sonntagabend mit mir gerungen und mich gefragt, ob es nicht besser wäre zurückzutreten“, schrieb Schulz. „Nach unzähligen Gesprächen (...) bin ich aber zu der Überzeugung gelangt, dass ich zusammen mit der Partei den dringend notwendigen Neuanfang der SPD voranbringen möchte.“ Nach den verlorenen Bundestagswahlen 2005, 2009 und 2013 habe es eine ehrliche und tiefergehende Debatte über die Gründe der Wahlniederlagen nicht gegeben. Es seien „auch keine echten Konsequenzen gezogen worden.“

Schulz kritisiert indirekt seinen Vorgänger im Parteivorsitz, Sigmar Gabriel. „Auch in der praktischen Durchführung der Wahlkampagne 2017 haben sich alte Fehler wiederholt“, schrieb Schulz. „Wie schon 2009 und 2013 haben wir auch dieses Mal beim Verfahren zur Bestimmung des Kanzlerkandidaten einen Weg gewählt, der uns zu wenig Zeit für die Vorbereitung der Kampagne gelassen hat.“ Die Ausrufung des Kanzlerkandidaten lag in Händen des damaligen SPD-Chefs Gabriel, der im Januar seinen Verzicht erklärte und Schulz als Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl vorschlug.

Über den nächsten Kanzlerkandidaten der SPD soll offenbar mit deutlich größerem Vorlauf entschieden werden. „Spätestens beim ordentlichen Parteitag 2019 werden wir die Weichen für 2021 stellen, um bei der nächsten Wahlauseinandersetzung wieder erfolgreich zu sein“, kündigte Schulz an. Der nächste Parteitag findet im Dezember statt. Schulz, der im März mit 100 Prozent gewählt worden war, will sich zur Wiederwahl stellen.

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