Nach Ansicht des Außenexperten der Linksfraktion im Bundestag, Stefan Liebich, hat sich Timoschenko mit ihren Aussagen als ernstzunehmende Gesprächspartnerin für die Bundesregierung disqualifiziert. „Gift und Galle sind die falschen Zutaten für eine auf Frieden und Stabilität gerichtete Politik in der Ukraine“, sagte Liebich Handelsblatt Online. „Bei aller berechtigten Kritik am Vorgehen Russlands verbieten sich Vergleiche Putins mit Hitler schon allein mit Blick auf die Millionen Toten, die die UdSSR im von Hitler begonnenen Zweiten Weltkrieg zu beklagen hat.“ Die Europäische Union wäre daher gut beraten, zu diesen Äußerungen von Timoschenko auf Distanz zu gehen.
Die Vize-Vorsitzende der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, hat ohnehin kein Verständnis dafür, dass der Westen bislang betont zurückhaltend Timoschenko gegenübertritt. Wer die Forderungen vieler Ukrainer nach einer Entmachtung der Oligarchen unterstütze, dürfe auch „nicht schon wieder Leute wie die Gasprinzessin Timoschenko und ihre korrupten Freunde in der neuen Regierung hofieren“, sagte Wagenknecht Handelsblatt Online. Nötig seien unabhängige, internationale Untersuchungen der Todesschüsse auf dem Maidan und Diplomatie sowie Sicherheitsgarantien für Russland. „Eine Regierung mit Faschisten ist kein Verhandlungspartner“, betonte die Linke-Politikerin. Wagenknecht gibt insbesondere der SPD eine Mitschuld für die Spaltung der Ukraine.
Timoschenko ist eine der schillerndsten Figuren in der Ukraine, an der der Westen wohl nur schwer vorbeikommen dürfte. Das liegt auch daran, dass ihr Werdegang international teilweise mit großer Sympathie begleitet wurde. Die in Dnjepropetrowsk geborene Timoschenko stieg nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 zur „Gasprinzessin“ auf. Politische Gegner werfen der Ex-Regierungschefin mit Blick auf ihr Vermögen vor, keine saubere Weste zu haben.
Im August 2011 war die Erzfeindin von Janukowitsch hinter Gitter gekommen. Zwei Monate später wurde sie wegen Amtsmissbrauchs trotz internationaler Proteste zu sieben Jahren Straflager und umgerechnet 137 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt. In dem nach Ansicht internationaler Beobachter politisch motivierten Verfahren wurde ihr ein Abkommen mit Russland über Gaslieferungen zum Nachteil der Ukraine zur Last gelegt.
Die Justiz ermittelte noch in anderen Verfahren gegen Timoschenko, so wegen angeblicher Steuerhinterziehung und Veruntreuung sowie eines vermeintlichen Auftragsmordes an einem Abgeordneten im Jahr 1996.
Unbändig kämpften Timoschenko und ihre Familie für ihre Freilassung, mehrfach trat sie in Hungerstreiks. Vom Gefängnis aus mischte sie sich immer wieder in das politische Geschehen in der Ukraine ein und machte gegen Janukowitsch Front.
Andauernde Schmerzen machten der streitbaren Vollblutpolitikerin in der Haft allerdings gesundheitlich zu schaffen. Auch Spezialisten der Berliner Charité behandelten sie in der Ukraine. Timoschenkos Versuche, zur Behandlung nach Deutschland ausreisen zu dürfen, scheiterten zunächst im ukrainischen Parlament. Erst nach ihrer Haftentlassung konnte sie sich schließlich nach Berlin aufmachen.
Vom Krankenbett aus macht Timoschenko nun Politik gegen ihren neuen Widersacher Putin. Seine Rede, in der er das russische Vorgehen auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim rechtfertigt, nennt sie „faschistische Propaganda“. Putin lege es darauf an, „die Welt zu zerstören“ und wende dabei „Kriegsmethoden“ an.