Die Wassermassen haben nachgelassen, doch das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands ist noch längst nicht abzusehen. Es gibt Dutzende Tote. Viele Menschen werden vermisst. Bundeswehr, Technisches Hilfswerk (THW) und Berufs- wie freiwillige Feuerwehrkräfte sind im Einsatz. Für viele Helferinnen und Helfer ist es derzeit jedoch nicht die einzige Krise, denn auch beim Kampf gegen Corona werden sie weiter gebraucht. Umso mehr hoffen sie künftig auf bessere Unterstützung und den Ausbau des Katastrophenschutzes.
„Derzeit haben wir zwei Einsatzlagen gleichzeitig. In der Pandemie und auch jetzt leisten unsere ehren- und hauptamtlichen Einsatzkräfte Unglaubliches“, sagt eine Sprecherin des THW. Sowohl für Auslands- als auch für Inlandseinsätze müssten die Helfer gerüstet sein.
Trinkwasser muss aufbereitet werden
So mache die Lage in den Hochwassergebieten erneut deutlich, dass die Trinkwasseraufbereitungen auch im Inland „immer wieder gebraucht werden und entsprechend ausgebaut werden müssen“, betont sie. „Wir brauchen deshalb eine Verstetigung der Haushaltsmittel, damit wir auch langfristig unsere Ausstattung modern halten können und attraktive Bedingungen für das Ehrenamt schaffen können.“
Rund 2.500 THW-Einsatzkräfte aus 150 Ortsverbänden waren bis Donnerstagabend in den Hochwassergebieten eingesetzt, weitere Kräfte dürften angefordert werden. Insgesamt sind im THW bundesweit rund 80.000 ehrenamtliche Helfer in 668 Ortsverbänden engagiert. Die Einheiten verfügen dabei über unterschiedliche Schwerpunkte, je nach regionaler Anforderung. Alle THW-Ortsverbände verfügten jedoch über Pumpen mit verschiedener Leistungsstärke. Bei derartigen Hochwasserlagen oder Starkregenereignissen würden auch regelmäßig Bergungsfachgruppen mit schwerem Berge-Räumgerät zum Einsatz kommen.
Gegründet worden ist das THW 1950 im Auftrag vom damaligen Innenminister Gustav Heinemann als zentrale Freiwilligenorganisation des Bundes. Heute umfasst der „Katalog der Einsatzoptionen“ mehr als 200 Seiten – selbst Meteoriteneinschläge werden trainiert. Bezahlt wird das THW als Bundesanstalt aus dem Budget des Innenministeriums, rund 490 Millionen Euro stehen der Behörde 2021 zur Verfügung.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) unterstützt die von Hochwasser und Unwetter betroffenen Regionen in Deutschland unter anderem mit Satellitenbildern und koordiniert dazu etwa Rettungseinsätze mit Helikoptern.
Mehr als 46.000 Soldaten halfen 2002 beim Oder-Hochwasser
Im Einsatz sind ebenfalls hunderte Kräfte der Feuerwehr, auch die Bundeswehr wurde um Amtshilfe gebeten. Rund 500 Soldatinnen sind in sechs Regionen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz unterwegs, um dort Menschen zu evakuieren, die Stromversorgung zu sichern und Straßen zu räumen. Bei der Hochwasserkatastrophe an Elbe und Oder im August 2002 waren damals 46.600 Soldaten nach Angaben der Bundeswehr im Einsatz.
Damit steht die Bundeswehr weiter unter Doppelbelastung, denn auch im Rahmen der Pandemiebewältigung wird sie derzeit im Inland eingesetzt, etwa in Impfzentren, Alten- und Pflegeheimen sowie in Gesundheitsämtern zur Kontaktnachverfolgung von Infizierten. Rund 700 Soldatinnen und Soldaten sind dort noch im Einsatz, rund 12.000 Männer und Frauen wären nach Angaben der Streitkräfte kurzfristig „abmarschbereit“ für Coronaeinsätze.
Versicherer rechnen mit höchster Schadenssumme seit Jahren
Die Bundesregierung hat bereits finanzielle Hilfen für die Opfer in den Hochwassergebieten zugesagt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach während ihres Besuchs in Washington rasche Unterstützung, ebenso sicherte Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz Gelder zu. Mehrere Bundesministerien seien bereits miteinander im Gespräch, wie eine Unterstützung für Länder, Kommunen und die Bürger aussehen könne, sagte der SPD-Kanzlerkandidat bei einem Besuch im rheinland-pfälzischen Hochwassergebiet. CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet sprach von einer „nationalen Kraftanstrengung“.
Wie hoch der Schaden ist, lässt sich derzeit allerdings noch nicht beziffern. Versicherer rechnen jedoch bereits mit der höchsten Schadenssumme seit acht Jahren: „Es zeichnet sich ab, dass sich dieses Jahr mit Stürmen, Überschwemmung, Starkregen und Hagel zu einem der schadenträchtigsten seit 2013 entwickeln könnte“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen am Donnerstag. Bereits im Juni hatten Starkregen und Hagel einen geschätzten versicherten Schaden von 1,7 Milliarden Euro verursacht.
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