Hochwasser und Überschwemmungen Blick von oben auf das Ausmaß der Schäden

Wie in vielen betroffenen Orten haben die Wassermassen in Iversheim, einen Stadtteil von Bad Münstereifel, Gleise und Brücken beschädigt. Die blaue Linie zeichnet den Weg der Erft nach. Quelle: ZKI/DLR 2021/OpenStreetMap Mitwirkende 2021 (modifiziert)

Die Lage in den überschwemmten Gebieten ist noch immer unübersichtlich. Wie viel Infrastruktur betroffen ist, ist unklar. Helfen können Satelliten- und Luftaufnahmen.

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Braunes Wasser wälzt sich durch das nordrhein-westfälische Städtchen Bad Münstereifel, dringt durch Türen und Fenster in die Keller, nimmt Autos mit, überflutet Straßen und zerstört Brücken. Die normalerweise ruhig fließende Erft hat durch das verheerende Unwetter der vergangenen Tage einen Zug der Verwüstung hinterlassen.

Dort, wo das Wasser bereits zurückgeht, werden die ersten Schäden sichtbar. Die Altstadt des beschaulichen Ortes ist zerstört, die B51 bei Iversheim stark beschädigt und die Bahntrasse direkt daneben ebenfalls unbefahrbar (siehe Bild unten). Noch ist die Lage in den stark betroffen Überflutungsregionen in Nordrhein-Westfalen (NRW) und Rheinland-Pfalz unübersichtlich, auch weil die Mobilfunknetze teilweise weiterhin nicht funktionieren. Die zerstörte Infrastruktur bereitet nicht nur den Rettungskräften Probleme, sondern auch Unternehmen.

Besonders die Deutsche Bahn hat mit den Unwetterfolgen zu kämpfen. Allein in NRW sind 600 Kilometer Gleise betroffen. Schienen, Weichen, Signale und Stellwerke sind beschädigt. Die Strecke Köln-Wuppertal-Hagen-Dortmund ist noch voll gesperrt, zwischen Koblenz und Köln können die Züge immerhin schon wieder auf einer Seite des Rheins fahren. Wie lange der Zugverkehr eingeschränkt bleibt, ist nicht abzusehen. Noch macht die für die Bahninfrastruktur verantwortliche DB Netz eine Bestandsaufnahme.

Wie in vielen betroffenen Orten haben die Wassermassen in Iversheim, einen Stadtteil von Bad Münstereifel, Gleise und Brücken beschädigt. Die blaue Linie zeichnet den Flusslauf der Erft nach.

Neben dem Personen- ist auch der Güterverkehr direkt beeinträchtigt, denn Personen- und Güterzüge teilen sich die gleichen Strecken. Schäden gibt es außerdem an Anlagen der DB Cargo. „Stark betroffen sind Rangier- und Cargo-Werksanlagen in Hagen“, sagt ein Sprecher von DB Cargo der WirtschaftsWoche. Auch das Terminal Wuppertal bleibe geschlossen. Beeinträchtigt ist zudem die wichtige Strecke nach Belgien zum Hafen von Antwerpen. DB Cargo versucht nun einzelne Züge um die betroffenen Gebiete umzuleiten. Alles sei aber eine Momentaufnahme, heißt es bei dem Logistikunternehmen.

Wie viele Verzögerungen es bei Lieferketten und in der Logistik geben wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Um einen besseren Überblick zu bekommen, können Unternehmen frei verfügbare Satellitenbilder nutzen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat auf Anfrage der betroffenen Bundesländer den Copernicus-Dienst für Katastrophen- und Krisenmanagement ausgelöst. Dieser von der Europäischen Union finanzierte Dienst kann auf mehrere Satelliten zugreifen, um so Karten von Schadensgebieten anzufertigen.

Mithilfe des deutschen Radar-Satelliten Terra SAR-X können sogar Daten bei Wolkenbedeckung gesammelt werden. Einmal angefertigt, lassen sich diese Karten online für jeden einsehen. „Je größer und unübersichtlicher die Schadenslage ist, desto sinnvoller ist es mit Satellitendaten draufzuschauen“, sagt Jörg Danzeglocke vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Allerdings ist zu bedenken, dass die Satellitenbilder zeitverzögert erstellt werden. Bis der Auftrag an den Satelliten geschickt wird, dieser die Fotos aufnimmt und sie zurücksendet, vergeht einige Zeit.

Eine aktuellere Momentaufnahme bildet das Zentrum für satellitengestützte Kriseninformationen des DLR mit seinen Aufnahmen ab. Das ZKI hat bei mehreren Flügen mit einem Flugzeug und einem Hubschrauber schwer betroffene Regionen fotografiert und veröffentlicht diese Luftbilder auf seiner Homepage.

Die Daten helfen einzuschätzen, in welchen Regionen die Infrastruktur besonders betroffen ist. So ist auf der Karte des ZKI deutlich zu erkennen wie die A61 bei Weilerswist in NRW überschwemmt war. Gerade dort ist die Lage angespannt. Denn nur knapp 25 Kilometer entfernt liegt die schwer beschädigte Steinbachtalsperre. Am Freitag gaben Sachverständige zwar leichte Entwarnung, aber die A61 bleibt weiterhin teilweise in der Region gesperrt.



Auch viele weitere Autobahnabschnitte sind unbefahrbar. Auf einer Länge von 40 Metern sind Teile der Fahrbahn der A1 am besonders stark überschwemmten Ort Erftstadt-Blessem abgebrochen und in die Erft gefallen. Wie groß die Schäden im Straßenbau insgesamt sind, ist auch hier noch unklar.

Güter und Waren nun jedoch statt auf der Straße auf dem Wasserweg zu transportieren, eignet sich nur bedingt als Alternative. Der Rhein und die Mosel haben Höchststände. In vielen Städten wie in Köln ist der Fluss bereits über die Ufer getreten. Das beeinträchtigt auch die Binnenschifffahrt. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Koblenz hat bereits die Schifffahrt eingestellt. Auch am Oberrhein sind Teile des Rheins für Binnenschiffer gesperrt.



In Duisburg dürfen die Schiffe noch anlegen und erreichen so die wichtige Logistikdrehscheibe, den Duisburger Hafen. Dort findet der Umschlag am Terminal bisher wie gewohnt statt, sagt eine Sprecherin des Hafenbetreibers Duisport der WirtschaftsWoche. Aktuell liegt der Rheinpegel bei 9,18 Metern. Erst bei 9,30 Metern wird die Binnenschifffahrt in Duisburg eingeschränkt. Steigt der Pegel weiter, kommt auch dort ein Fahrverbot.

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Auch wenn das Ausmaß der Schäden noch nicht absehbar ist, rechnet die Politik mit erheblichen Wiederaufbaukosten, besonders in der Infrastruktur. Rheinland-Pfalz stellte bereits 50 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) kündigte ein mehrstufiges Hilfsprogramm an. „Wir werden große finanzielle Kraftanstrengungen brauchen“, sagte Laschet am Freitag.

Mehr zum Thema: Rund um die Uhr sind die Retter derzeit im Einsatz in den Überschwemmungsgebieten. Für viele Helfer ist es eine doppelte Belastung – denn auch in der Coronakrise sind sie weiter gefragt. Katastrophenschutz: Wie Einsatzkräfte zwei Großlagen gleichzeitig bewältigen

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