Höhere Lebenserwartung Arbeitgeber fordern Nachdenken über höheres Renteneintrittsalter

Deutsche Arbeitgeber fordern mittelfristig ein höheres Renteneintrittsalter, um steigende Kosten zu finanzieren. Die FDP will ein flexibles System.

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Die FDP will das starre Renteneintrittsalter abschaffen und durch ein flexibles System ersetzen. Quelle: dpa

Deutschlands Arbeitgeber halten eine Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung mittelfristig für eine realistische Perspektive. Immer weniger junge Menschen würden für immer mehr Ältere in die Rentenversicherung einzahlen, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Da sei es zunächst das wichtigste, die arbeitende Bevölkerung auf hohem Niveau zu halten, auch durch Fachkräfteeinwanderung, so Kramer. „Sonst muss man entweder das System ändern oder das Renteneintrittsalter muss steigen.“

Kramer betonte: „Wenn wir länger leben und dabei auch gesund sind, wird man wahrscheinlich irgendwann darüber nachdenken müssen, ob wir in Relation zum Gesamtleben nicht auch länger arbeiten müssen.“ Der Arbeitgeberpräsident sagte aber auch: „Diese Debatte sollte man heute nicht führen, denn erstmal steigt das Renteneintrittsalter ja schrittweise bis 2029 auf 67 Jahre an.“

Je besser es gelinge, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen und dadurch die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, desto weniger stelle sich die Frage nach der längeren Lebensarbeitszeit, sagte Kramer. „Aber im Kern ist es nicht ganz falsch zu sagen: Arbeitszeit muss in einer bestimmten Relation zur Lebenszeit stehen.“

Die FDP stimmt den Forderungen im Kern zu. Sie will das starre gesetzliche Renteneintrittsalter abschaffen und durch ein flexibles System ersetzen. Der FDP-Sozialpolitiker Johannes Vogel sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine solche Flexibilisierung führe dazu, „dass jede und jeder selbst entscheiden kann, wann er oder sie in Rente geht“. Und natürlich bekomme man je weniger Rente, desto früher man aus dem Arbeitsleben ausscheide - und je mehr, desto länger man arbeite. Zuverdienstgrenzen sollten abgeschafft werden und Teilrentenmodelle für einen flexiblen Übergang möglich sein.

Die Debatte um ein starres Renteneintrittsalter dreht sich nach Ansicht Vogels in Deutschland im Kreis. Diese Debatte könne durchbrochen werden, indem man das Renteneintrittsalter flexibel gestalte, sagte er und verwies auf das schwedische Modell, das durchaus übertragbar wäre. In Schweden habe dieses moderne System die Debatte befriedet, während in Deutschland weiter eine „sehr erbitterte Debatte“ über die Rente mit 65, die Rente mit 67, geförderte Renten mit 63 oder eine Rente mit über 70 ausgetragen werde.

Spannend sei am schwedischen Modell, dass flexible Übergänge möglich seien - Teilrenten und anderes. Längeres Arbeiten werde belohnt. Im Ergebnis arbeiteten die Schweden länger als die Deutschen. Das faktische Renteneintrittsalter sei eines der höchsten in Europa. Die Höhe der Rente werde danach bestimmt, wie viele Punkte man während des Arbeitslebens bis mindestens 60 gesammelt habe.

Der arbeitsmarkt- und rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion warf der großen Koalition vor, das deutsche Rentensystem für die nächsten zehn bis 20 Jahre zu destabilisieren. „Sie geben Geld aus, als gäbe es kein Morgen und fallen hinter den überparteilichen Konsens der 2000er Jahre zurück“, ohne auf den demografischen Wandel zu schauen.

Die GroKo werde entscheiden müssen, wie sie die steigenden Ausgaben bei der Rente künftig finanzieren wolle, falls diese Politik fortgesetzt werde - durch explodierende Beiträge zu Lasten der Jüngeren, durch zwangsweises Hochsetzen das Renteneintrittsalter oder durch Erhöhung des Steuerzuschusses.

Mehr: Ein starres Renteneintrittsalter ist nicht mehr zeitgemäß – vielmehr sollte es flexibel in den Ruhestand gehen. Ein Gastkommentar.

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