




Der Staat müsse seinen Bürgern das geben, was ihnen die Terroristen nehmen wollten: die Sicherheit. Diesen Satz setzt Horst Seehofer an den Anfang seiner gut einstündigen Rede auf dem CSU-Parteitag in München. Dazu gehört nach den Worten des bayrischen Ministerpräsidenten zuvorderst der Schutz der Grenzen. Und dazu habe Bayern sofort die Zahl der Polizisten um 150 Personen an den Grenzen aufgestockt, weitere 850 kämen in den nächsten Monaten dazu. Mit solch konkreten Daten setzt Seehofer Kontrapunkte zur allgemein-abstrakten Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Vorabend viele CSU-Delegierte ratlos zurückgelassen hat. Seehofer präsentiert sich mit seiner „Politik der Vernunft“ der Basis, indem er ein Drei-Säulen-Programm zur Bewältigung der Flüchtlingskrise in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellt. Die Dimension der Aufgaben macht Seehofer klar, indem er erklärt, seit Anfang September seien 500.000 Flüchtlinge allein nach Bayern gekommen.
Die erste Säule bildet für den CSU-Chef „Humanität im Umgang mit den Flüchtlingen“. Ausdrücklich lobt er die Hilfsbereitschaft der Bürger, Beamten und Hilfsorganisationen. „Das ist eine ganz humane Visitenkarte unseres Landes (Bayern)“, umschmeichelt der Parteichef die Seelen der 1000 Delegierten und legt nach: „Darauf bin ich stolz.“
Als zweite Säule formuliert Seehofer „Integration der Schutzbedürftigen“. Auch da sei Bayern spitze. Das Bundesland habe in den vergangenen 20 Jahren zweieinhalb Millionen Menschen aufgenommen, zur Hälfte aus Deutschland und zur Hälfte aus dem Ausland. Voraussetzung für die gelungene Integration seien deutsches Recht und deutsche Sprache, also deutsche Leitkultur. Für die Integration will Bayern nun selbst mehrere Milliarden Euro in die Hand nehmen, verkündet Seehofer.
Und dann spricht der CSU-Chef von der im Saal lang erwarteten dritten Säule: „Begrenzung der Zuwanderung“. Dazu habe er eigentlich schon alles am Vortag gesagt – nach Merkels Rede, vor allen Leuten, fast wie ein Lehrer zu seiner Schülerin. Humanität und Integration seien nur zu leisten durch eine Vernunft der Zuwanderungsbegrenzung. „Da müssen wir (die CSU) ein Bollwerk bleiben“, ruft Seehofer den Delegierten zu. Dann lobt er das in Berlin verabschiedete Asylpaket 1 mit der rigorosen Nichtanerkennung von westlichen Balkanflüchtlingen, den Sach- statt Geldleistungen, dem beschleunigten Verfahren und der Aufstockung beim BAMF. Den von Medien ausführlichen Dissens zu Merkel möchte Seehofer diesmal ausdrücklich herunterspielen. Einer Trennung von CDU und CSU, dem alten Gespenst von Wildbad Kreuth, erteilt er ein eindeutiges Nein! Nur als Partner könne die CSU, fügt der Parteichef maliziös hinzu, in die CDU mit einer Politik der Vernunft hineinwirken.
Eine konkrete Obergrenzen-Maßnahme bleibt aber auch der CSU-Chef schuldig. Das ist im Saal auch eher nebensächlich – Hauptsache, man nimmt das Wort wenigstens in den Mund. Mit klaren Worten möchte Seehofer die Sorgen der Bürger aufnehmen und vor allem gegen die „rechten Dumpfbacken“ ankämpfen. Die bereiten ihm doch gewaltig Sorgen. Er spricht von Untersuchungen, wonach das Wählerpotenzial der AfD dreimal größer als ihre derzeitigen Umfrageergebnisse sei. Danach könnte die AfD im schlimmsten Fall über 20 Prozent erreichen. Ein Albtraum. Seehofer übernimmt das Dogma seiner Vorgänger seit Franz Josef Strauß, dass es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe. Der beste Schutz gegen rechtsradikale Umtriebe sei es, das Flüchtlings- und Sicherheitsproblem zu lösen. Und da werde er sich als CSU-Chef und bayrischer Ministerpräsident „von keiner Meinungsdiktatur“ beeinflussen lassen. Von Seehofer wird die Republik – und Kanzlerin Merkel also noch viel erfahren in der Flüchtlingskrise. Auch lernen?