Im Umfeld von Flüchtlingsheimen entwickelt sich offenbar ein reges illegales Geschäft mit der Vermittlung von Schwarzarbeit. Die kriminellen Vermittler sind häufig Mitarbeiter der Unterkünfte oder Besucher. Das ergaben Recherchen des Radiosenders NDR Info in Hamburg, Niedersachsen, Berlin und Sachsen-Anhalt bei Sozialarbeitern, Flüchtlingshelfern, Wissenschaftlern und schwarz arbeitenden Flüchtlingen. Vermutlich arbeiten Hunderttausende Flüchtlinge am Finanzamt vorbei auf dem illegalen Arbeitsmarkt.
Was Flüchtlinge dürfen
Wer eine sogenannte Aufenthaltsgestattung bekommt, darf nach drei Monaten in Deutschland eine betriebliche Ausbildung beginnen. Wer geduldet ist, kann vom ersten Tag an eine Ausbildung machen. In beiden Fällen ist jedoch eine Erlaubnis durch die Ausländerbehörde nötig.
Gleiches gilt für Praktika oder den Bundesfreiwilligendienst beziehungsweise ein freiwilliges, soziales Jahr: Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach drei Monaten ohne Zustimmung der ZAV damit beginnen, wer den Status „geduldet“ hat, darf das ab dem ersten Tag.
Wer studiert hat und eine Aufenthaltsgestattung besitzt, darf ohne Zustimmung der ZAV nach drei Monaten eine dem Abschluss entsprechende Beschäftigung aufnehmen, wenn sie einen anerkannten oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzen und mindestens 47.600 Euro brutto im Jahr verdienen werden oder einen deutschen Hochschulabschluss besitzen (unabhängig vom Einkommen).
Personen mit Duldung können dasselbe bereits ab dem ersten Tag des Aufenthalts.
Personen mit Aufenthaltsgestattung können nach vierjährigem Aufenthalt jede Beschäftigung ohne Zustimmung der ZAV aufnehmen.
Die Tendenz zur Schwarzarbeit ist in Deutschland eigentlich rückläufig, wie eine Studie des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Universität Linz vom Februar zeigt. Das gilt allerdings nur für einheimische Beschäftigte mit fester Anstellung. Da deren Löhne steigen, sinkt die Motivation in der Freizeit noch zusätzlich schwarz zu arbeiten. Doch für Einwanderer, die keine feste, legale Beschäftigung finden, ist Schwarzarbeit eine verlockende Aussicht, auch wenn die Löhne oft ausbeuterisch sind.
Der Zoll deckt bundesweit rund zehn Fälle pro Monat auf. Doch tatsächlich dürfte das Problem weit größere Dimensionen haben. Die Autoren des IAW schätzen, dass der Anteil der Schwarzarbeiter bei bis zu 30 Prozent der 1,1 Millionen Flüchtlinge liege, die im vergangenen Jahr in Deutschland angekommenen sind. Schätzungen von Flüchtlingshelfern und Sozialarbeitern in Niedersachsen und Berlin lagen zwischen zehn und sogar 50 Prozent. Es geht also um Hunderttausende schwarz arbeitende Flüchtlinge.
NDR Info berichtet zum Beispiel über einen arabischstämmigen Mitarbeiter einer Unterkunft im Landkreis Harburg, der Flüchtlingen gegen Bezahlung gewisse Privilegien und illegale Jobs verschafft. Die Flüchtlinge sollen ihm dafür die Hälfte des Lohns an ihn abtreten. Aus In Berlin und Hamburg sprachen die Journalisten mit Sozialarbeitern und Flüchtlingshelfern, die über ähnliche Strukturen berichten: Auch dort seien in Unterkünften Vermittler unterwegs, die Bewohnern gegen Geld Jobs, Wohnungen oder andere Dienste anböten.
Eine Sozialarbeiterin, die sich aus Angst vor Repressionen nicht traute, ihren Namen anzugeben, schätzt, dass die Hälfte der Flüchtlinge zumindest hin und wieder schwarz arbeiten: "Die müssen ihre Familien zu Hause versorgen. Mütter, Väter. Schlepperkosten"
Um Schwarzarbeit zu finden, quartieren sich viele Asylbewerber nach den Recherchen von NDR Info in größeren Städten wie Hamburg oder Berlin auf Matratzenlagern oder bei Freunden ein. Sie arbeiten dann zu unversteuerten Niedrigstlöhnen als Tellerwäscher, Tapezierer, Putzkräfte oder beladen Container.