Immobilien Die wahren Ursachen der neuen Wohnungsnot

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Platz wird für Gewerbe reserviert

Wo die Deutschen nicht wohnen wollen
Ein Häuschen im Grünen und vor allem fern ab von jeder störenden Geräuschkulisse - der Traum vieler Deutschen. Doch wovor graut es ihnen? Immonet hat 2316 Deutsche gefragt, wohin sie auf keinen Fall ziehen würden. Quelle: dpa
Wohn-Paradies: Ruhig, mit angenehmen Nachbarn, einer reichhaltigen Infrastruktur mit Freizeit- und Shoppingangeboten und einer guten Verkehrsanbindung - all das macht hingegen eine beliebte Lage für die Befragten aus. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 4: Tierischer Lärm Gegenüber Hunden und Katzen herrscht Toleranz: Lediglich knapp 7 Prozent der Befragten finden Maunzen und Bellen in Hörweite so störend, dass sie ein Tierheim bei der Immobiliensuche meiden würden. Quelle: dapd
Platz 3: Kindergeschrei Es herrscht laut der Studie in Deutschland eine starke Aversion gegen Kinderlaute: Für immerhin rund 13 Prozent der Befragten ist ein Kindergarten in der Nachbarschaft ein Grund, Haus oder Wohnung zu verschmähen. Quelle: dpa
Platz 2: Motorenlärm Auf Platz zwei in der Liga der unbeliebten Nachbarschaften sind die Brummer auf den Straßen: Mehr als ein Viertel, nämlich 26 Prozent der Umfrage-Teilnehmer würden um keinen Preis in die Nähe einer Autobahn ziehen. Quelle: dpa
Platz 1: Flugzeuggetöse Die schlimmsten Störenfriede - das befanden mehr als die Hälfte der Befragten - sind Flugzeuge: 54 Prozent der User würden niemals in die Nähe eines Flughafens ziehen. Pech nur, wenn der Flughafen einfach in die Nachbarschaft zieht - sowie in Berlin-Schönefeld. Quelle: dapd

Ein buchstäblich hausgemachtes Dilemma für den Bund: Der Erfolg der Energiewende entscheidet sich nicht zuletzt bei Immobilien. Doch die zugehörigen Gesetze schlagen mit Verzug durch auf die Mieten und schaffen neue Probleme.

Auch dass Regierung und Opposition gemeinsam nach langen Diskussionen 2004 die Eigenheimzulage gestrichen haben, hat den Neubau von Familienhäuschen nicht gerade angefacht. Nun zeigen sich die Folgen.

Schließlich wäre da noch ein weiteres Versagen vor allem auf der lokalen Ebene. Zu lange haben Städte nur zögerlich Bauland ausgewiesen. Lieber warteten sie, um möglichst viel Platz für Gewerbe zu reservieren. Gebraucht wurde anderes.

Vorbild Hamburg

Die langjährige Angebotsmisere hat mit dieser Melange zu tun. Wer erschwingliche Mieten befördern will, muss umdenken, muss bauen und neue Wege in der Stadtentwicklung gehen. So wie in Hamburg, wo das Thema schon 2011 den Wahlkampf dominierte. "Die Debatte über Mietpreise war aus meiner Sicht für den Wahlerfolg der SPD in Hamburg ganz maßgeblich", sagt Jutta Blankau, Bausenatorin der Hansestadt und zuletzt auch in der Berliner SPD-Bundestagsfraktion oft gesehener Gast. Denn seit dem Wahlerfolg hat sie an der Elbe manches von dem umgesetzt, wofür die Partei jetzt bundesweit kämpfen will. Die Genossen sprechen bereits von einem "Hamburger Modell".

Versprochen hatte die Partei im Wahlkampf, man werde dafür sorgen, dass in der Stadt jährlich 6000 neue Mietwohnungen in mittleren Preisklassen entstünden; in den Jahren davor waren es je nur rund 1000 gewesen. Um die Preisentwicklung zu beeinflussen, setzt Blankau auf ein Quotenmodell und die wiedererweckte Dynamik des privaten Marktes: Von allen neu entstehenden Wohnungen müssen mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen sein.

Nicht der Preis, sondern das Konzept gewinnt

Diese Relation muss zwar nicht bei jedem einzelnen Bauprojekt eingehalten werden, für jede Wohnanlage mit mehr als 20 Einheiten aber ist der Bau von Sozialapartments Pflicht. Die Quote selbst wird auf Ebene der Bezirke überwacht. Zudem nimmt die Stadt viel Geld in die Hand, um Investitionsanreize zu schaffen. Einerseits werden beinahe zinsfreie Kredite im Umfang von insgesamt rund 100 Millionen Euro an private Bauträger verteilt. Zum anderen werden Grundstücke nicht mehr meistbietend verkauft, sondern über "Konzeptausschreibungen". Je höher der soziale Anteil einer Investition, desto weiter kommt die Stadt beim Preis entgegen.

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