Immobilien Die wahren Ursachen der neuen Wohnungsnot

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Renaissance der Metropolen

Es wird zu wenig gebaut Quelle: Laif

Die Zeit der Regulierung hat also begonnen. Wie konnte es so weit kommen?

Über Jahrzehnte wurde hierzulande die Flucht ins Grüne besungen und gleichzeitig die Zersiedelung der Landschaft gebrandmarkt. Es wurde über den Rückbau der Städte diskutiert, weil Deutschland angeblich schrumpft und vergreist. Plattenbausiedlungen wurden plattgemacht, Parkplätze wichen Parks. Nun aber rollt die Gegenbewegung: Eine Renaissance der Metropolen lockt die Menschen zurück in die Innenstädte, die Zahl der Studenten, die alle eine Bleibe brauchen, ist mit 2,5 Millionen auf einem historischen Höchststand, die der Singles und Alleinerzieher steigt.

Die Bundesrepublik erlebt als Fluchthafen Europas außerdem gerade einen ungeahnten Zustrom von Einwanderern, die hier ihr Glück oder zumindest einen Job, in jedem Fall aber eine Wohnung suchen. Das Resultat der Zeitenwende: Aus rund 39,2 Millionen Haushalten in Deutschland, die die Statistiker noch 2005 zählten, sind heute bereits 40,4 Millionen Haushalte geworden – 2015 könnten es über 41 Millionen sein.

Der Markt ist ausgetrocknet

Alle brauchen sie eine Unterkunft, und das eben dort, wo die Jobs, die Schulen, die Kitas und die Theater sind: in den Städten. In der Provinz verfallen derweil Mieten und Häuser.

Hier kaufen die Investoren
StuttgartDie Großstädte stehen auf dem Einkaufszettel der Wohnimmobilien-Investoren ganz oben. 20 Prozent der Banken, Versicherer, Fonds oder anderen professionellen Marktteilnehmern sehen Stuttgart „besonders im Investmentfokus“. 23 Prozent der Befragten nehmen die Landeshauptstadt aber nicht ins Visier. Quelle: DPA
MünchenMünchen gilt schon lange als teuerstes Pflaster Deutschlands. Daran dürfte sich auf Sicht nichts ändern. 24 Prozent der Marktteilnehmer nehmen die bayerische Metropole in den Fokus. 23 Prozent zeigen kein Interesse. Quelle: dapd
KölnFür Frohsinn sorgt auch die Karnevalsmetropole Köln bei den Investoren. 23 Prozent planen ein Investment. der gleiche Anteil ist nicht interessiert. Quelle: DAPD
HamburgDer Blick auf die Elbe und der Nachfrageüberschuss machen Hamburg bei Wohnimmobilieninvestoren beliebt. 24 Prozent der Marktteilnehmer planen ein Investment. 16 Prozent zeigen kein Interesse. Quelle: dpa
UmfrageWelche Städte sind bei Investoren für Wohnimmobilien besonders begehrt? Diese Frage stellte die Wirtschaftsprüfer und Berater von Ernst & Young mehr als 250 Marktteilnehmern, darunter Banken, Fonds, Versicherungen und Wohnungsgesellschaften. Quelle: dapd
FrankfurtAn Investments in der Bankenmetropole sind 24 Prozent der Immobilieninvestoren interessiert. 19 Prozent winken ab. Quelle: dpa
DüsseldorfDüsseldorf macht seinem Ruf als Luxusstadt alle Ehre. 23 Prozent möchten investieren, 19 Prozent nicht. Quelle: dpa

Der urbane Mangel hat sich lange angebahnt. Der Markt ist schlicht ausgetrocknet. Nach dem fiebrigen Wende-Boom durchlitt der Wohnungsbau mehr als zehn Jahre Stagnation, der Tiefpunkt war 2009 erreicht. Forschungsinstitute taxieren den jährlichen Neubaubedarf in Deutschland auf 210.000 bis 300.000 Wohnungen. Von solchen Zahlen wurde auf dem Bau viele Jahre nur geträumt. Selbst die vorsichtig-konservativen Experten des Bundesministeriums halten in ihrem jüngsten Immobilienbericht 183.000 neue Wohnungen pro Jahr für notwendig, um den Druck zu lindern – auch davon ist die Baubranche noch ein gutes Stück entfernt (siehe Grafik).

Prognose für Mieten bis 2015

"Es wurde über Jahre zu wenig gebaut"

Maues Angebot trifft auf überbordende Nachfrage: Diese Kollision der Marktkräfte musste irgendwann zu einem hitzigen Häuserkampf führen und zu einem bewegten Erregungszustand dazu: "Aufstand der Mieter", titelte die Zeitschrift des Deutschen Mieterbundes im Dezember. Dazu gab es Bilder aufgebrachter Demonstranten.

Dabei sind sich alle Seiten in der Diagnose durchaus einig. "Eine eklatante Überforderung des Marktes", konstatiert Axel Gedaschko, der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). "Es wurde über viele Jahre viel zu wenig gebaut", klagt auch Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips.

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