Immobilienkauf Vergesst den Hauskauf! Bleibt einfach Mieter

Für viele steht das Eigenheim als Synonym für Freiheit schlechthin. Doch romantische Träumerei sollte nicht dazu führen, den Preis und die Risiken auszublenden. Quelle: Imago

Die BaFin greift bei Wohnimmobilienkrediten ein – und zeigt Kaufinteressenten die großen Risiken auf. Bald könnte sich mancher Kauf als teurer Fehler erweisen. Mieten wäre da klüger. Ein Kommentar.

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Es ist eine deutliche Warnung an alle Kaufinteressenten von Häusern und Wohnungen. Dabei richtet sie sich eigentlich gar nicht an sie. Und doch sollten sie die Botschaft hören: Übertreibt es bei euren Krediten nicht weiter, plant solider – oder bleibt Mieter!

Worum es geht? Die Finanzaufsicht BaFin will, dass Banken künftig für Wohnimmobilienkredite 2,75 Prozent zusätzliches Kapital vorhalten. So soll ein Puffer geschaffen werden, damit bei einem Rückgang der Immobilienpreise nicht platzende Immobilienkredite am Ende auch Banken und Finanzsystem in Schieflage bringen.

Das klingt nach Donner im Sommer. Schließlich boomt der Wohnimmobilienmarkt und hat der Coronapandemie bislang getrotzt – mit einer Stärke, die an Super-Immunität erinnert. Auch im vergangenen Jahr haben die Kaufpreise in vielen Städten mit zweistelligen Prozentraten zugelegt. Das allerdings ist Teil des Problems. Die Kaufpreise steigen zum Beispiel sehr viel stärker als die Mieten, seit Jahren schon. Seit fast zehn Jahren warnt die Bundesbank vor einer Überbewertung. In den Städten seien die Kaufpreise 30 Prozent höher als eigentlich gerechtfertigt.



Man kann das beiseite wischen, schließlich boomte der Markt weiter. Klug wäre das allerdings nicht. Jetzt bahnt sich, wenn auch vorerst in den USA, eine Wende zu steigenden Zinsen an, die den Immobilienmarkt belasten könnte. Logisch also, dass die Finanzaufsicht die Kreditinstitute nun stärker in die Pflicht nimmt.

Ihr geht es dabei um die Stabilität des Finanzsystems. Nicht um die Käuferinnen und Käufer von Immobilien. Dabei sind die Auswirkungen einer geplatzten Immobilienfinanzierung für diese noch viel größer. Das geht bis zum Ruin. Und deswegen sind sie gut beraten, den Eingriff als deutliche Warnung zu sehen.

(Auf dem Immobilienmarkt herrscht Torschlusspanik. Wie sich Fehler vermeiden lassen, erfahren Sie hier.)

Zwar mögen Banken bei der Kreditvergabe nun zurückhaltender werden, fordern vielleicht einen etwas höheren Zins. Doch auch in Zukunft wird es Kredite geben, die mehr als auf Kante genäht sind. Im vergangenen Jahr ermittelte der Finanzierungsvermittler Baufi24, dass bei fast jeder zweiten Baufinanzierung der komplette Kaufpreis finanziert wird. Das vorhandene Eigenkapital reichte bei diesen Vollfinanzierungen bestenfalls für die Kaufnebenkosten. Im Schnitt ging es um gut 350.000 Euro Kredit. Viele Interessenten wollen irgendwie ins Eigenheim – koste es, was es wolle.

Spätestens, wenn es den Anschlusskredit später nur noch zu einem höheren Zins gibt, kann solch eine Finanzierung das Haushaltsbudget sprengen. Die unvorhergesehene Sanierung der Immobilie oder der Verlust des Arbeitsplatzes kommen als Risiken dazu.

Die selbstgenutzte Immobilie mag Sicherheit bringen, etwa die Aussicht auf ein mietfreies Wohnen im Alter – insbesondere in Zeiten mit höherer Inflation und damit auch steigenden Mieten. Für viele steht das Eigenheim zudem als Synonym für Freiheit schlechthin.

Doch romantische Träumerei sollte nicht dazu führen, den Preis und die Risiken auszublenden. Mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens sollten nicht für Zins und Tilgung draufgehen, am besten mit einem langfristig gesicherten Kreditzins. Das reicht nicht, um den Eigenheimtraum zu realisieren? Dann kann die Miete die klügere Alternative sein.

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