Impfpflicht Impfpflicht: Wie ein Register bei der Kontrolle helfen kann

Coronaimpfung könnte bald Pflicht werden: Eine Ärztin klebt nach einer Impfung ein Pflaster auf die Einstichstelle. Quelle: dpa

Bereits ab Februar 2022 könnte die allgemeine Impfpflicht greifen. Doch wie kann sie überhaupt kontrolliert werden? Die Kommunen drängen auf ein nationales Impfregister - wie das geht, zeigt Österreich. 

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Nachdem der Bundestag am Freitag die Impfpflicht für Klinik- und Pflegepersonal beschlossen hat, könnte als nächstes eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus folgen. Ab Februar 2022 könnte sie greifen, heißt es im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 2. Dezember. Wie eine solche Pflicht überhaupt kontrolliert werden könnte, ist noch unklar – doch nun werden erste Ideen debattiert.    

Die Kommunen, die in die Kontrolle wohl maßgeblich eingebunden werden dürften, fordern vom Bund eine zentrale Lösung. „Eine Impfpflicht wäre der gute Anlass, ein allgemeines Impfregister einzuführen“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, der WirtschaftsWoche. 

Über das Register könnten der Bund oder die Krankenkassen die Versicherten dann jeweils auf Impftermine hinweisen für Erst-, Zweit- oder etwaige Auffrischungsimpfungen. Wenn eine Impfung nicht erfolge, solle dies dann mithilfe des Registers an die zuständigen Behörden wie Ordnungs- oder Gesundheitsämter gemeldet werden.

2016 wurde bereits ein Impfregister geprüft 

Neu ist die Idee eines solchen Impfregisters nicht. Bereits 2016 hat das Robert Koch-Institut (RKI) eine Nutzen- und Aufwandsanalyse im Auftrag der Gesundheitsministerkonferenz durchgeführt. Damals habe sich „der Mehrwert eines zentralen Impfregisters einschließlich der Erhebung personenbezogener Daten nicht abbilden“ lassen, teilt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) im Sommer mit. Dann aber kam die Pandemie – und der Mehrwert wurde offensichtlich. Trotzdem ist die Idee erneut verworfen worden.

Zwar kann der Erfolg der Impfkampagne über ein zentrales Register besser kontrolliert und gesteuert werden. Doch das BMG sorgte sich vor den Reaktionen. „Ein zentrales Impfregister einschließlich personenbezogener Daten wird als Risiko für die Stärkung der Impfakzeptanz in der Bevölkerung gesehen“, erklärt der Ministeriumssprecher. Ohne Einverständnis sei eine Einführung ohnehin nicht möglich.



Spahn bedauerte „Sturm der Entrüstung“

Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bedauerte den „Sturm der Entrüstung“ über die Idee des Impfregisters. Datenschutz und Datensicherheit seien wichtig, aber „wir müssen in Deutschland unsere Angst vor nationalen Bürgerregistern überwinden, wenn wir bei der Digitalisierung vorankommen wollen“, sagte er im Mai der „Bild am Sonntag“.

Wie ein solches Impfregister aussehen kann, zeigt Österreich. Während der Impfausweis in Deutschland noch als analoges Heftchen geführt wird, gibt es im Nachbarland seit Herbst 2020 einen elektronischen Impfpass, der mit dem nationalen Impfregister verknüpft ist. Damit könnten „zuverlässige Durchimpfungsraten sichergestellt werden“, heißt es auf der Website zum e-Impfpass: „Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, wie wichtig das in einer Pandemie ist“.

Eine Opt-Out-Möglichkeit gibt es nicht

Erfasst werden in dem Impfregister jeweils die persönlichen Daten der geimpften Person wie Name, Alter, Geschlecht. Dazu das Datum der Impfung, der Impfstoff inklusive Chargennummer sowie Angaben zur Impfstelle und zum impfenden Arzt – eine Opt-Out-Möglichkeit gibt es für die Bürgerinnen und Bürger nicht. 

„Eine Abmeldung vom elektronischen Impfpass ist im öffentlichen Interesse an einer vollständigen Dokumentation nicht vorgesehen“, heißt es auf der Website. Grundrechtsinitiativen kritisieren die Pflicht zur Registrierung und warnen vor Missbrauchspotenzial.

Eingesehen werden dürfen die Daten beispielsweise von Ärztinnen und Ärzten, Apotheken, Hebammen, Krankenhäusern und dem öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Der ÖGD etwa soll über das Register „rasch aussagekräftige Daten zur Verfügung haben, um bei Krankheitsausbrüchen schneller die richtigen Entscheidungen treffen zu können“, heißt es auf der Website.

Wien schreibt Ungeimpfte über das Register gezielt an

Um die Impfquote gegen das Coronavirus zu erhöhen, wurden die Daten in diesem Rahmen kürzlich in Wien genutzt. Während in Deutschland mangels Daten nur unspezifisch um Ungeimpfte geworben werden kann, wurden in Wien ungeimpfte Bürgerinnen und Bürger gezielt angeschrieben, um sie freundlich zur Impfung zu motivieren – einen entsprechenden Termin zur Impfung gab es gleich mit.

In Deutschland werden die Impfungen bisher über digitale Impfquotenmonitoring erfasst, pseudonymisiert werden die Daten etwa von Impfzentren und mobilen Impfteams über die Webanwendung ans RKI geschickt und im Impfdashboard eingepflegt. 

Die Daten von den Hausärzten enthalten noch weniger Informationen, etwa nur zur groben Altersgruppe und zum verwendeten Impfstoff, dazu fließen sie zeitverzögert ein, weshalb das RKI von einer „gewissen Untererfassung“ ausgeht. Einen genauen Überblick, wer wie geimpft ist, gibt es damit nicht.


Ohne Register wird die Kontrolle schwer

Kommt mit einer möglichen Impfpflicht also der dritte Anlauf für die Einführung eines Impfregisters? Vermutlich, denn wie sollen die Kommunen sonst den die Einhaltung der Pflicht kontrollieren können. Fraglich ist allerdings, wie umfassend das Register dann sein wird und wer darauf Zugriff hat. Weder BMG noch RKI und auch nicht das Innenministerium haben sich auf Anfrage zu etwaigen Plänen geäußert.  

Mit Blick auf das Bundesdatenschutzgesetz dürfte die Einführung eines Impfregisters jedenfalls „rechtlich möglich sein“, sagt Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber wollte sich nicht äußern, da es bisher keinen Gesetzentwurf für eine mögliche Impfpflicht gibt.

Eine Schätzung zu den Kosten, die durch die Umsetzung einer möglichen Impfpflicht entstehen könnten, gibt es laut Landsberg noch nicht. „Wir gehen aber davon aus, dass Mehrkosten der Städte und Gemeinden, soweit sie eingebunden werden, vollumfänglich erstattet werden“, sagte Landsberg. Grundsätzlich bleibe abzuwarten, wie ein konkreter Gesetzentwurf für eine Impfpflicht und die entsprechende Prüfung durch Ethikrat und Verfassungsjuristen ausfallen würde.

„Über Details muss man zügig sprechen“

Der Deutsche Landkreistag forderte eine schnelle Einbindung in die Pläne. „Über Details muss man zügig – auch mit uns – sprechen“, sagte Reinhard Sager, Präsident des Landkreistags, der WirtschaftsWoche. „Wir haben es uns nicht gewünscht, werden aber um eine allgemeine Impfpflicht nicht herumkommen. Dabei ist es wichtig, dass zugleich auch Regeln für Bußgelder vorgesehen werden“, forderte Sager. Die Kontrolle der Impfpflicht könnte „schriftlich erfolgen, wie es bei der bestehenden Impfpflicht von Kindern und Jugendlichen gegen Masern in ähnlicher Weise funktioniert“.

Bis Endes des Jahres soll der Ethikrat eine Empfehlung zu einer allgemeinen Impfpflicht ausarbeiten – doch ob sie überhaupt kommt, ist in dem Gremium umstritten. Der Bundestag soll dann „zeitnah“ eine Entscheidung treffen.   

Mehr zum Thema: Die Pandemie legt die finanziellen Lücken für den neuen Gesundheitsminister und die Ampelregierung frei. Unpopuläre Entscheidungen warten allerdings nicht nur bei der Impfpflicht oder der Coronabekämpfung.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%