In der Verlängerung Keine Kohle mehr für die Kohle

Klimaaktivisten demonstrieren am Freitag am Rande des Gipfels COP26 in Glasgow. Quelle: AP

Was der Weltklimagipfel in Glasgow immerhin schon erreicht hat – und warum die Atomkraft dabei eine wichtige Rolle spielt.

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Der Weltklimagipfel in Glasgow ist nochmal in die Verlängerung gegangen, wie immer eigentlich, wenn sich knapp 200 Länder verständigen müssen, was sie gegen die Erderwärmung und ihre Folgen unternehmen wollen. Das geht nur gemeinsam und deshalb sind die Ergebnisse oft schwächer und weniger greifbar als sich alle wünschen, die die Forschungsergebnisse zur Klimakrise kennen, die die wirtschaftlichen Folgen prognostizieren in den verschiedenen Teilen der Welt.

Doch kurz vor dem Ende der Verlängerung beim 26. Uno-Klimagipfel lässt sich immerhin sagen: Die vielen Kohlekraftwerke auf der Erde, zu denen grade in Entwicklungs- und Schwellenländer immer noch etliche dazukommen, dürften spätestens zur Mitte des Jahrhunderts ein Auslaufmodell sein. Das bedeutet aber genauso, dass es die Atomkraft noch weiter und vielleicht wieder verstärkt geben wird.

Die stufen Regierungen vieler energiehungriger Länder anders als die deutschen Bundesregierungen als klimafreundlich – wenn auch nicht nachhaltig – ein.

Was ist schon absehbar als Ergebnis der Klimakonferenz, die sechs Jahre nach der grundlegenden Vereinbarung in Paris noch offene Fragen festzurren und besser absichern soll, dass die Erderwärmung im Vergleich zu vor der Industrialisierung nicht höher als 1,5 Gard Celsius ausfällt. Nach den bisherigen Anstrengungen dürften es noch deutlich über zwei Grad sein – mit drastischen Folgen wie Dürren, Fluten, Hitze, Ernteausfälle oder dem Meeresspiegelanstieg.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobt das schon Erreichte in Glasgow als „Paradigmenwechsel“. Zum Abschluss werden sich die Staaten zum Kohleausstieg bekennen. „Der Umbau der Energiesysteme wird in der Erklärung direkt angesprochen“, betont die geschäftsführende Ministerin. Deutschland und 26 andere Staaten haben daneben in Glasgow konkret vereinbart, ab 2023 international keine Gas-, Kohle- oder Ölinvestitionen mitzufinanzieren.

Im Vergleich zur vorigen, schärferen Version der Abschlusserklärung finden sich Änderungen: So bezieht sich das Bekenntnis zum Kohleausstieg nur noch auf solche Kraftwerke ohne Technologien zur CO2-Minderung. Darunter fällt etwa CCS, eine Technologie, mit der CO2 wieder aus der Atmosphäre geholt wird und beispielsweise unter der Erde verpresst wird. Auch ist nun am Ende nur noch von „ineffizienten“ Subventionen für fossile Energien die Rede, die auslaufen sollen. Das ist ein Zugeständnis an Staaten wie China, die Kohle länger nutzen wollen.



Sind das nun Verwässerungen und Fadenscheinigkeiten?

Einiges spricht dafür, dass der Kohleausstieg weltweit mühsam sein wird, aber tatsächlich zum Konsens der Staaten gehört. Und dass er gelingen kann. Schon jetzt ziehen sich weltweit große Investoren aus Investments aus dieser Energieerzeugung zurück. Und mit kaum einem anderen Schritt lässt sich dauerhaft und deutlich CO2 mindern. Und China, der weltweit mit Abstand größte Kohlenutzer und CO2-Emittent, wägt genau ab, welche Wirtschaftseinbußen ein langes Festhalten an der Kohle und eine stärkere Erderwärmung für die eigene Gesellschaft haben wird.

Doch ein anderer Punkt dürfte dabei mit dem deutschen Weg der Klimawende schwer vereinbar sein: Viele Länder setzen im Gegenzug auf die Atomkraft, um den starken Energiebedarf ihrer Wirtschaft zu bedienen. In Glasgow war immer wieder der Slogan zu sehen und hören: „Net Zero needs nuclear“ – eine klimaneutrale, emissionsfreie Welt brauche die Kernkraft. Atomkraft sei „zu risikobehaftet und zu teuer“, ließ Umweltministerin Schulze zwar die deutsche Regierungsposition deutlich wissen. Zudem daure es zu lang, Atomkraftwerke zu bauen, um das akute Klimaproblem zu lösen. Solche Investments lohnen auch nur, wenn der Staat das Risiko eines GAUs absichert.

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Doch innerhalb der EU und auch im Rest der Welt setzen viele auf die emissionsfrei erzeugte Atomkraft – unabhängig vom ungelösten Problem des Nuklearmülls. In der EU scheinen die Länder nun die Oberhand zu haben, die Kernkraft als nachhaltig und damit als klimafreundliche Investition deklariert wissen wollen. Dieser Kampf zwischen den Befürwortern der Erneuerbaren Energien und den Skeptikern, die diese Technologien für die eigenen Länder für zu teuer oder zu wetterabhängig und schwer zu managen halten, wird weiter getragen und in den nächsten Jahren erst richtig konkret.

Mehr zum Thema: So stark würde ein ungebremster Klimawandel Chinas Wirtschaft schaden.

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