
Die Industriegewerkschaft Metall will im Wahljahr 2017 gegen ausufernde Arbeitszeiten kämpfen. Erklärtes Ziel ist es zudem, wieder mehr Unternehmen zur Anerkennung von Tarifverträgen zu bewegen. Arbeitnehmer in Betrieben ohne Tarifbindung arbeiteten im Durchschnitt länger und bekämen weniger Geld, sagte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann am Mittwoch in Berlin.
Recht einfach
Eine mit Datenbankeingaben betraute Angestellte arbeitete an drei Wochentagen von zu Hause aus. Als die Mitarbeiterin Freizeitausgleich zum Abbau von Überstunden beantragte, überprüfte ihr Vorgesetzter ihre Angaben. Die Auswertung der Computersysteme ergab, dass sie an 12 Tagen 24,5 Stunden gearbeitet hatte. Selbst angegeben hatte sie aber 50,6 Stunden. Ihre Kündigung ging auch vor Gericht durch: Das Vertrauen des Arbeitgebers sei verletzt worden (Landesarbeitsgericht Köln, 2 Sa 181/14).
Ein Gärtner war zu 900 Euro Monatslohn angestellt, bei 25 Stunden Wochenarbeitszeit. Viel Arbeit hatte er aber nicht: Auf seinem Überstundenkonto häuften sich 111 Minusstunden an. Die zog sein Arbeitgeber ihm zu 8,18 Euro Stundenlohn vom Gehalt ab. Zu Unrecht: Das Überstundenkonto sei ohne entsprechende Abmachung nicht für Minusstunden gedacht, entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5 Sa 579/13).
Ein festangestellter Gruppenleiter surfte während der Arbeitszeit ausgiebig privat im Internet, obwohl ihm dies laut Vertrag nur ausnahmsweise und nur in Pausen gestattet war. An 30 Tagen verbrachte er so rund 45 Arbeitsstunden, ergab die Überprüfung seines Browserverlaufs: Er las private E-Mails, erledigte Bankgeschäfte, kaufte online ein und rief pornografische Seiten auf. Gegen seine Kündigung wehrte er sich: Seine Persönlichkeitsrechte seien durch die Überprüfung verletzt worden. Die Richter fanden die Überprüfung nach konkreten Hinweisen aber in Ordnung. Auch die Kündigung sei gerechtfertigt, da der Angestellte seine Arbeitspflicht verletzt habe (Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg, Urteil, 5 Sa 657/15).
Bei der Arbeitszeit will sich die Gewerkschaft für schärfere Regeln einsetzen. Die Arbeitgeber drängten auf eine weitere Lockerung. Die IG Metall hingegen wolle „eine betriebliche Praxis, die die Menschen vor Ausbeutung schützt“. Es sei Ausbeutung, wenn Arbeit ohne Vergütung geleistet werde. „Das ist in nicht kleinem Umfang in vielen Betrieben der Fall“, ergänzte der Gewerkschafter. Auch die Schutzgrenze für die Arbeitszeit, etwa die gesetzliche Vorschrift von maximal zehn Stunden pro Tag, werde regelmäßig verletzt.
Die Tarifbindung sei bereits im vergangenen Jahr verbessert worden, sagte Hofmann. 145 Betriebe und damit 36.000 Beschäftigte seien erstmals unter den Schutz eines Tarifvertrages gekommen. Künftig dürfe es Unternehmen nicht mehr möglich sein, mit Verkauf, Betriebsaufspaltung oder Auslagerung von Produktion Tarifverträgen zu entfliehen. Hofmann verlangte ein Gesetz, das eine Übertragung der Tarifbindung in solchen Fällen vorschreibt.
Ihre Mitgliederzahl hat die IG Metall 2016 erneut geringfügig erhöht. Zum Jahresende seien 2.274.033 Menschen bei der IG Metall organisiert gewesen, sagte Hofmann. Das waren 290 mehr als ein Jahr zuvor. Es sei das sechste Jahr in Folge mit positiver Mitgliederentwicklung gewesen. Unter den Mitgliedern sind auch rund 700.000 Rentner und Arbeitslose. Die Gewerkschaft vertritt Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie, die bundesweit rund 3,8 Millionen Beschäftigte hat.