Inflationsausgleich Lindner will Steuerentlastung über 10 Milliarden

Bundesfinanzminister Christian Lindner Quelle: imago images

Finanzminister Lindner hat angesichts der hohen Preise eine Steuersenkung angekündigt. Jetzt legt er seine Pläne vor. Kritik gibt es auch schon: Topverdiener kämen dabei besser weg als Ärmere.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Bundesfinanzminister Christian Lindner will mit dem geplanten Inflationsausgleich „heimliche Steuererhöhungen“ abwenden. Es gehe dabei nicht um Entlastungen. „Hier geht es um den Verzicht auf Steuererhöhungen“, sagte der FDP-Vorsitzende am Mittwoch in Berlin. „Es profitieren 48 Millionen Menschen davon.“ Lindner will das Steuersystem an die momentan sehr hohe Inflation anpassen. Außerdem soll das Kindergeld in den nächsten beiden Jahren erhöht werden.

„Die Menschen sind angesichts der Inflation besorgt“, sagte Lindner. Die wirtschaftliche Lage sei fragil, weswegen gehandelt werden müsse. Sonst drohten Steuererhöhungen zum 1. Januar 2023, die nun neutralisiert werden sollten. Der Staat solle nicht von der Inflation profitieren. Sein Vorhaben solle der breiten Mitte der Bevölkerung zugutekommen.

Das sogenannte Inflationsausgleichsgesetz sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Ministeriumskreisen vor, dass das Kindergeld in zwei Stufen steigt und dabei auch vereinheitlicht wird. Im kommenden Jahr soll es für das erste, zweite und dritte Kind monatlich je 227 Euro geben. Ab dem vierten Kind kommen 250 Euro aufs Konto. Im Jahr 2024 sollen die Sätze für das erste bis dritte Kind noch einmal angehoben werden - auf 233 Euro.

Zugleich sieht Lindner in seinem Entwurf eine Erhöhung des Grundfreibetrags vor, also des Einkommens, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss. Der Finanzminister will diese Grenze von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden und 10.932 Euro im Jahr 2024 anheben.

Auch weitere Eckwerte des Steuertarifs werden verschoben, um den Effekt der kalten Progression auszugleichen. So bezeichnet man eine Art schleichende Steuererhöhung, wenn Gehaltserhöhungen durch die Inflation aufgefressen werden, aber dennoch zu einer höheren Besteuerung führen. Dann fallen höhere Steuern an, obwohl die Kaufkraft real gar nicht steigt.

„Ein Steuersystem, das Menschen, die ohnehin unter hohen Preisen leiden, auch noch höher besteuert, ist nicht fair“, schrieb Lindner in der „FAZ“. Dies zu beseitigen, sei „kein gönnerhafter Akt, sondern in mehrfacher Hinsicht geboten“. Von seinen Plänen profitierten 48 Millionen Steuerzahler.

Um den Effekt zu mildern, soll der Spitzensteuersatz künftig erst bei höheren Einkommen greifen - konkret bei 61.972 Euro im kommenden Jahr und bei 63.515 Euro im Jahr 2024. Die Grenze für den noch höheren Reichensteuersatz will Lindner dagegen nicht antasten.

An den Plänen gibt es bereits breite Kritik: Topverdiener profitierten in absoluten Zahlen stärker von Lindners Entlastungen als Geringverdiener. Die Grünen im Bundestag halten die Pläne deshalb für sozial unausgewogen.

„Hohe und höchste Einkommensgruppen würden damit mehr als dreimal so viel erhalten wie Menschen mit kleinen Einkommen, welche die Entlastungen jetzt eigentlich am dringendsten brauchen“, sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch der Deutschen Presse-Agentur. Menschen mit ganz kleinen Einkommen würden zudem gar nicht entlastet, weil sie unter dem Grundfreibetrag liegend keine Einkommensteuer zahlten. Die finanzpolitische Sprecherin, Katharina Beck, äußerte sich ähnlich. „Andersrum wäre es richtig: Starke Schultern müssten mehr tragen als einkommensschwache und nicht überproportional entlastet werden“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch).

Tatsächlich wirken sich Lindners Pläne prozentual zwar stärker bei niedrigen Einkommen aus, in absoluten Zahlen aber profitieren Menschen mit hohen Einkommen deutlicher. So soll ein Steuerzahler mit zu versteuerndem Einkommen von 20.000 Euro um 115 Euro entlastet werden. Bei einem Einkommen von 60.000 Euro machen die Entlastungen nach Zahlen aus dem Finanzministerium bereits 471 Euro aus. Bei noch höheren Einkommen bleiben sie stabil bei 479 Euro und steigen nicht weiter.

Rezept zum Reichwerden? Das steckt hinter dem System von Deven Schuller

Ein selbsternannter Finanzexperte will seinen Kunden laut eigener Aussage dabei helfen, finanzielle Freiheit zu erreichen, und pflastert das Internet mit Werbung. Was steckt dahinter? Ein Selbstversuch.

Freiberufler-Report So viel verdienen Selbstständige in Deutschland

Zwei Euro mehr pro Stunde – und kaum noch ein Gender Pay Gap: Selbstständigen geht es auch in der aktuell schwierigen Lage recht gut. In welchen Bereichen sie am meisten verdienen.

Leistung Warum Manager es ihren Mitarbeitern nicht zu gemütlich machen sollten

Wenn sich Mitarbeiter sicher fühlen, bringen sie bessere Leistung. Das zumindest ist die Hoffnung. Tatsächlich ist oft das Gegenteil der Fall.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wies die Kritik der Grünen als haltlos zurück. Die Anpassung ziele auf kleinere und mittlere Einkommen und senke „die Steuerlast der hart arbeitenden Mitte“. Für Spitzenverdiener sei der Entlastungsbetrag gedeckelt. „Die Entlastung ist fair und notwendig, damit die Menschen trotz der hohen Inflation von einer Lohn- oder Gehaltserhöhung profitieren und nicht durch eine höhere Steuerbelastung noch draufzahlen müssen“, sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

Das Statistische Bundesamt hat an diesem Mittwoch Details zur Entwicklung der Verbraucherpreise im Juli bekannt gegeben. Die Inflation in Deutschland hält sich trotz eines weiteren leichten Rückgangs hartnäckig über der Marke von 7 Prozent.

Lesen Sie auch: Wer von Lindners Inflationsausgleich profitiert

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%