Ursprünglich als Kindergarten gebaut, feierten die Amerikaner – nach dem Krieg zensierte und überwachte die US-Army auf dem Gelände deutschen Briefverkehr – mit Gehlen und seinen Leuten rauschende Feste. „Hier gab's damals Cola und Torten, während draußen in den ausgebombten deutschen Städten noch gehungert wurde“, erinnert man sich beim BND. Fünf Meter unter dem Clubhaus liegt ein gut erhaltener Bunker, in manchen seiner Räume sind noch Küchenzeilen von damals zu sehen. BND-Mitarbeiter, die in dem Haus untergebracht waren und zu stark schnarchten, mussten hier schlafen, geht eine Anekdote.
Haus 110
Im 1996 fertiggestellten Hauptgebäude wird ausgewertet, was die Spione bei der Überwachung der Telekommunikation aufgefangen oder weltweit sonst wie zusammengetragen haben. Hier gibt es Räume für Besprechungen und Videokonferenzen, Verbindungen in alle Welt sind möglich. Es wird über einen Neubau nach dem Umzug nachgedacht, aus Kostengründen dürfte es aber auf eine Sanierung hinauslaufen. „Vieles in Pullach ist marode, da muss etwas geschehen“, heißt es.
Der neue Skandal um BND und NSA
Der BND soll dem US-Geheimdienst NSA jahrelang geholfen haben, Ziele auch in Europa auszuforschen. Es geht dabei um große Datenmengen, die der BND an seiner Abhörstation in Bad Aibling abgreift und die die NSA nach europäischen Unternehmen und Politikern durchforstet haben soll. In Bad Aibling belauscht der BND internationale Satellitenkommunikation, angeblich vor allem aus Krisenregionen wie Afghanistan oder Somalia. Es ist aber nicht ganz klar, was dort tatsächlich alles abgefischt wird.
BND und NSA vereinbarten vor Jahren, dass die Amerikaner nach bestimmten Suchmerkmalen (Selektoren) Zugriff auf diese Daten bekommen - zur Terrorbekämpfung und unter Einhaltung deutscher Interessen. Die Amerikaner hielten sich aber wohl nicht an diese Vereinbarung, sondern nutzten die Daten keineswegs nur für den Kampf gegen den Terror, sondern möglicherweise auch zur Wirtschaftsspionage und für andere Zwecke, die deutschen und europäischen Interessen zuwiderlaufen.
Um aus den großen Datenmengen relevante Informationen herauszusuchen und die Kommunikation von Verdächtigen aufzuspüren, filtern sie diese nach bestimmten Suchmerkmalen - zum Beispiel E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern. Die NSA hat dem BND massenhaft solche Suchkriterien übermittelt, damit dieser die Daten aus Bad Aibling danach maschinell durchkämmt und anschließend an die USA weitergibt. Wie viele Selektoren die Amerikaner geliefert haben, ist unklar. Die Rede ist von mehreren Hunderttausend oder mehr als einer Million. Sie werden ständig überarbeitet und ergänzt.
Der BND prüft nach eigenen Angaben durchaus, was die NSA an Daten anfragt und welche Suchkriterien sie übermittelt. Und der Geheimdienst beteuert, dass er Selektoren, die deutschen Interessen widersprechen, aussortiert und keine Daten dazu liefert. Angesichts der riesigen Mengen an Daten und Selektoren sind die Prozesse aber computerbasiert. Der Grünen-Obmann im NSA-Ausschuss, Konstantin von Notz, geht deshalb davon aus, dass alles grundsätzlich automatisiert und ohne Prüfung der einzelnen Suchmerkmale abläuft. „Dieses System ist unkontrollierbar“, sagt er. „Und der BND wusste das auch.“
Der BND bemerkte schon 2005, dass die NSA in dem Wust an abgehörten Daten auch nach europäischen Zielen suchte - nach den Firmen EADS und Eurocopter und nach französischen Behörden. Nach den Enthüllungen der NSA-Affäre 2013 schaute sich der BND die Suchanfragen noch genauer an und stieß auf rund 2000 kritische Selektoren der NSA. Insgesamt hat der BND über die Jahre rund 40 000 solcher Suchkriterien der USA abgelehnt. Nach eigenen Angaben fischten die BND-Mitarbeiter diese heraus, gaben den Amerikanern dazu also keine Daten.
Doch die Linke-Obfrau im NSA-Ausschuss, Martina Renner, glaubt nicht an diese Version. „Wir gehen davon aus, dass ein Teil der Selektoren auch eingesetzt wurde.“ Wen genau die Amerikaner alles ausforschen wollten und bei welchen Stellen ihnen das in welchem Umfang gelang, ist noch unklar. Das Kanzleramt erfuhr angeblich erst vor ein paar Wochen von der ganzen Sache - nachdem der NSA-Untersuchungsausschuss nachhakte.
IT-Rechenzentrum
Das Technikgebäude gilt quasi als „Anachronismus“, es ist das modernste Haus auf dem Gelände. Die futuristische Aluminiumverkleidung dient als Blitzschutz. Es gilt höchste Sicherheitsstufe – hier dürften große Teile der Internet-Spionage elektronisch verarbeitet werden. Herein kommt nur, wer den Check in der biometrischen Schleuse besteht. Für Technikfreaks: Die Kühlung mit Außenluft funktioniert bis zu einer Außentemperatur von 20 Grad – so lange wird kein Strom für die Kälteaggregate verbraucht.
Bunker „Hagen“
Sechs Meter unter der Erde ist im ehemaligen „Führerbunker“ eine Schießbahn eingerichtet. Die Geheimagenten üben hier vor Kriseneinsätzen an der Pistole, genauso wie Personenschützer oder Wachleute. Batteriegespeiste Notlampen sind ein Indiz dafür, dass hinter den drei Meter dicken Außenwänden gelegentlich der Strom und damit das Licht ausfällt. Zielscheiben mit Einschusslöchern stehen in den Abstellräumen. Eine von ihnen zeigt einen rothaarigen Mann in grünem Jackett und grüner Hose, die Pistole in der Hand. Ob man sich hier so den feindlichen Agenten vorgestellt hat? In einem Waffenkasten hängen eine Walther PPK – der Klassiker der Agenten-Pistolen – und eine russische Kalaschnikow an der Wand. Der BND wollte schon immer gerne wissen, wie der Gegner ausgerüstet ist.
Tierische Spione
Dass selbst das hochgesicherte BND-Gelände nicht hermetisch abgeriegelt werden kann, zeigen Fotos von neugierig guckenden Siebenschläfern. Die possierlichen Tiere haben es sich auf Rohren und Versorgungsleitungen gemütlich gemacht. Immer wieder knabbern die mausähnlichen Nager Kabel an. Kürzlich hat es selbst die Präsidentenvilla erwischt - Stromausfall. Gut 150 der Tiere leben auf dem Areal. Scheu sind sie nicht: „Die schauen uns bei der Arbeit zu“, erzählt ein Geheimdienstmann. Zunächst habe man noch versucht, die unter Naturschutz stehenden Siebenschläfer mit Riechsalz zu vertreiben. Heute gibt es Lebendfallen: „Die Tiere werden eingefangen und auf die andere Seite der Isar gefahren. Wir hoffen, dass sie nicht zurückfinden.“