
Die zerstrittene AfD hat eine weitere Zuspitzung des internen Machtkampfs vermieden und sich gegen einen Sonderparteitag zur Neuwahl des Bundesvorstands entschieden. In Kassel beriet ein Parteikonvent am Sonntag rund elf Stunden lang hinter verschlossenen Türen. Die Entscheidung gegen einen Sonderparteitag sei mit großer Mehrheit gefallen, sagte der Vorsitzende des Konvents, Berenga Elsner, am Abend. Weitere Einzelheiten nannte er nicht. Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erfolgte der Beschluss mit 37 zu 11 Stimmen.
In der rechtspopulistischen Partei tobt seit Monaten ein Richtungs- und Machtkampf, in dessen Zentrum die beiden zerstrittenen Co-Vorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen stehen. Wäre es zu einem Sonderparteitag gekommen, hätte dies den Konflikt kurz vor Beginn des Bundestagswahljahres weiter angeheizt.
Zuletzt hatten sich mehrere führende AfD-Politiker gegen die Absetzung des bisherigen Vorstands gewandt. Sachsen-Anhalts AfD-Chef André Poggenburg sagte unmittelbar vor Beginn des Konvents, dieser werde dem Bundesvorstand „zu Recht Erklärungen abverlangen“. „Ich wünsche mir, dass der Bundesvorstand dem Konvent klarmachen kann, dass er weiter zusammenarbeiten und der Bundesvorstand seine Arbeit fortsetzen kann.“ Hessens AfD-Vorstandssprecher Peter Münch betonte, er sei grundsätzlich gegen einen Sonderparteitag: „Ich sehe das nicht als notwendig an.“
Die Sprüche der AfD
Ob Flüchtlingspolitik oder Fußball - mit markigen Sprüchen sorgen führende AfD-Politiker immer wieder für Kopfschütteln und Empörung, wie jetzt die stellvertretende Bundesvorsitzende Beatrix von Storch. Einige Zitate.
Quelle: dpa
„Das ist ungefähr so, als würden Sie mit Plastikeimern einen Tsunami stoppen wollen.“ (Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen am 24. Oktober 2015 bei einem Landesparteitag in Baden-Württemberg über die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bewältigung der Flüchtlingskrise)
„Im 21. Jahrhundert trifft der lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp auf den selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp.“ (Der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke am 21. November 2015 in einem Vortrag über Asylbewerber aus Afrika)
„Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen. (...) Es gibt keinen Grund, mit Gewalt unsere Grenze zu überqueren.“ (Die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Beatrix von Storch Ende Januar 2016 auf ihrer Facebook-Seite über Flüchtlinge)
„Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt.“ (Die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry in einem Interview des „Mannheimer Morgen“ vom 30. Januar 2016. Angesichts des Flüchtlingszustroms forderte sie im Notfall auch den Einsatz von Schusswaffen.)
„Wir müssen die Grenzen dichtmachen und dann die grausamen Bilder aushalten. Wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen.“ (Gauland am 24. Februar 2016 im Magazin der Wochenzeitung „Die Zeit“ über Flüchtlinge)
„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ (Gauland in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ vom 29. Mai 2016 über Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng)
„Eine deutsche oder eine englische Fußballnationalmannschaft sind schon lange nicht mehr deutsch oder englisch im klassischen Sinne.“ (Der AfD-Bundesvize Alexander Gauland am 3. Juni 2016 im „Spiegel“)
Zu dem Konvent kamen rund 50 Vertreter der Landesverbände und des Bundesvorstands. Kurz vor dem Treffen ging die Bundesvorsitzende Petry auf ihre Kritiker zu und räumte eigene Fehler ein. „Niemand von uns ist fehlerfrei. Ich auch nicht“, sagte sie „bild.de“.
Gauland will keinen Spitzenkandidat
Es gebe zwei Äußerungen von ihr aus den vergangenen zwölf Monaten, die sie „in dieser Form nicht wiederholen würde“, sagte Petry. Unter anderem tue ihr ein Kommentar zu einer Äußerung ihres Stellvertreters Alexander Gauland leid. Sie hatte damals dessen Aussage, die Flüchtlingskrise sei ein Geschenk des Himmels, in der „Bunten“ als „fatalen Satz“ kritisiert.
Auch Petry sprach sich gegen einen Sonderparteitag mit Neuwahlen des Vorstandes aus. Kein vernünftiger Politiker sehne sich jetzt einen unnötigen Parteitag herbei. „Der Konvent hat aber die Aufgabe, eine verbindliche Regelung für die zukünftige Zusammenarbeit zu finden, die tragfähiger ist, als die bisherigen Lippenbekenntnisse.“
Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland empfahl seiner Partei, keinen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2017 aufzustellen. Er rate dazu, „dass wir über dieses Stöckchen nicht springen sollten“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein Spitzenkandidat sei „nur nötig, wenn er auch als Kanzlerkandidat“ antrete. Die Partei habe viele Gesichter, die sie vorzeigen könne.
Bei dem Führungsstreit in der Partei geht es gut ein Jahr vor der Bundestagswahl auch darum, wer die AfD in den Wahlkampf führt. Petry werden Ambitionen für die Spitzenkandidatur nachgesagt. Dagegen gibt es erheblichen Widerstand in der Partei.