Wie sehen die Twitter-Aktivitäten aus?
Der IS nutzt Twitter sehr vielfältig. Teilweise wird in Nahzeit von bestimmten Kampfvorgängen berichtet. Sie verbreiten die Anzahl der Opfer und zeigen eingesetzte Waffensysteme. Es werden auch kürzere Traktate aus dem IS-Gedankengut verbreitet – das geschieht meist auf Arabisch, teilweise aber auch auf Englisch, Deutsch oder Französisch. Ebenso werden religiöse Gedanken geteilt. Zudem berichten die Twitter-Aktivisten aus dem Inneren des Islamischen Staats.
Fakten zum Terror im Irak
Die Terrorgruppe ISIS („Islamischer Staat im Irak und in Syrien“) ist eine im Syrienkrieg stark gewordene Miliz. Die Gruppe steht seit 2010 unter Führung eines ambitionierten irakischen Extremisten, der unter seinem Kriegsnamen Abu Bakr al-Baghdadi bekannt ist. Die USA haben zehn Millionen Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt. Ihm ist es in den vergangenen vier Jahren gelungen, aus einer eher losen Dachorganisation eine schlagkräftige militärische Organisation zu formen. Ihr sollen bis zu 10.000 Kämpfer angehören.
Die Gruppe nannte sich Ende Juni in IS um, da sie die Einschränkung auf den Irak und Syrien aufheben wollte.
ISIS sind Dschihadisten, Gotteskrieger. Sie kämpfen für eine strikte Auslegung des Islam und wollen ihr eigenes „Kalifat“ schaffen. Ihre fundamentalistischen Ziele verbrämt Isis bisweilen - wenn es in einzelnen Regionen gerade opportun erscheint. „Im Irak gerieren sie sich als Wahrer der sunnitischen Gemeinschaft“, weiß Aimenn al-Tamimi, ein Experte für die militanten Einheiten in Syrien und im Irak. „In Syrien vertreten sie ihre Ideologie und ihr Projekt weit offener.“ In der syrischen Stadt Rakka beispielsweise setzen die Extremisten ihre strikte Auslegung islamischer Gesetze durch. Aktivisten und Bewohner in der Stadt berichten, dass Musik verboten wurde. Christen müssen eine „islamische Steuer“ für ihren eigenen Schutz zahlen.
Ihre Taktik ist eine krude Mischung von brutaler Gewalt und Anbiederung - alles zwischen Abschreckung durch das Köpfen von Feinden und Eiscreme für die Kinder in besetzen Gebieten. Das alles dient der Al-Kaida-Splittergruppe Isis nur zu einem Ziel: den Islamischen Staat im Irak und Syrien zu bilden, den ihr Name verheißt. Die Gruppe, der bis zu 10.000 Kämpfer angehören sollen, hat diese Woche die irakischen Städte Mossul und Tikrit überrannt und den Marsch auf Bagdad angekündigt.
Zu Jahresbeginn hatte Isis bereits die Stadt Falludscha und Teile der Provinz Anbar westlich von Bagdad unter ihre Kontrolle gebracht. Inzwischen hat ISIS maßgeblichen Einfluss auf ein Gebiet, das von der syrisch-türkischen Grenze im Norden bis zu einem Radius von 65 Kilometern vor der irakischen Hauptstadt reicht. Der einstige Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida, den US-Truppen vor ihrem Abzug aus dem Irak 2011 besiegt zu haben meinten, blüht in einer neuen Inkarnation wieder auf. Dabei profitiert Isis von den Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten, die ihre sunnitische Anhängerschaft radikalisieren.
Bislang drangen ISIS-Kämpfer bis zur Provinz Dijala knapp 60 Kilometer nördlich von Bagdad vor. Rund 50 Kämpfer sollen dort laut Medienberichten bei Gefechten mit der irakischen Armee getötet worden sein. Die Isis habe sich daraufhin zurückgezogen, hieß es. Mittlerweile haben die Kämpfer die Städte Dschalula und Sadija in der Provinz Dijala unter ihre Kontrolle gebracht. Die Städte liegen 125 beziehungsweise 95 Kilometer von Bagdad entfernt.
Nach dpa-Informationen erbeuteten ISIS-Kämpfer in Mossul 500 Milliarden irakische Dinar (318 Millionen Euro) in der Zentralbank. Damit wird Isis zur reichsten Terrororganisation vor Al-Kaida. Experten schätzen das Vermögen der Al-Kaida auf 50 Millionen bis 280 Millionen Euro. Auch schweres Kriegsgerät soll ISIS erbeutet haben. Im Netz kursierende Videos zeigen irakische Panzer und Helikopter mit der schwarzen Flagge der Isis bei einer Militärparade in Mossul.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Isis Bombenanschläge in Wohngebieten, Massenexekutionen, Folter, Diskriminierung von Frauen und die Zerstörung kirchlichen Eigentums vor. Einige Taten kämen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich. Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen sind mittlerweile rund eine Million Iraker auf der Flucht. Viele versuchten das als stabil geltende kurdische Autonomiegebiet im Nordirak zu erreichen. Allein in Mossul waren binnen weniger Stunden 500.000 Menschen vor den Extremisten geflohen.
Ministerpräsident Al-Malikis Versuch, am 12. Juni 2014 den Notstand auszurufen, war am Parlament gescheitert, das eine Abstimmung wegen mangelnder Beteiligung verschob. Seit Monaten zeigt sich Al-Maliki praktisch machtlos gegen den Terror sunnitischer Extremisten im Land. Dieser kostete seit April 2013 Tausenden Menschen das Leben.
Der UN-Sicherheitsrat sagte der irakischen Regierung einmütig Unterstützung im Kampf gegen Terrorismus zu. Die Nato und Großbritannien schlossen einen militärischen Eingriff aus. Auch der iranische Präsident Hassan Ruhani hat dem Nachbarland die uneingeschränkte Solidarität im Kampf gegen die Terrorgruppe Isis zugesichert. Sowohl auf regionaler als auch internationaler Ebene werde der Iran alles im Kampf gegen die Terroristen im Irak unternehmen, sagte Ruhani dem irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki. Mittlerweile prüft die US-Regierung auch militärische Optionen.
Wie kann ich mir das vorstellen?
Sie schreiben über die dort durchgeführten Strafen – genauso wie über die Neueröffnungen von quasistaatlichen Einrichtungen wie etwa Schulen oder Krankenhäusern.
Was macht Twitter zu so einem effizienten Instrument?
Twitter lässt Hierarchien verflachen. Es gibt nicht – wie etwa in klassischen jihadistischen Internetforen – einen geheimen Kreis, der ausschließlich über den Zugang zu Informationen bestimmt. Bei Twitter können Menschen in unterschiedlichen Hierarchieebenen miteinander in Kontakt treten – und dementsprechend schnell in diesem Netzwerk aufsteigen.
Wer waren die Personen, die aufgestiegen sind?
Es waren vor allem Personen aus den hinteren Reihen der jihadistischen Prediger und Ideologen wie Turki al-Bin´ali alias Abu Sufyan as-Sulami, die durch den Anschluss an IS eine Aufwertung erfuhren. Diese Personen gehörten oftmals der jüngeren Generation an, im Gegensatz zur „alten Garde“ der pro al-Qaida Denker.
Was auffällig ist: Der IS hat nicht nur seine eigenen „Medienarbeiter“, sondern auch viele freie Propagandisten.
Der IS hat seine Medienarbeit dezentralisiert. Es gibt immer noch einzelne Medieneinheiten, die man offiziell nennen könnte. Dazu gibt es eine Heerschar von Einzelpersonen, die ebenfalls wertvolle Medienarbeit für den IS leistet. Er hat also ein Stück weit die Verantwortung für die Propaganda an seine Mitglieder abgegeben. Diese veröffentlichen Informationen im Namen des IS – aber in Eigenregie.
Die kurdischen Kämpfer im Überblick
Im Irak stellt sich vor allem die Peschmerga den Dschihadisten entgegen, um die kurdische Autonomieregion im Norden zu schützen. Der Name der Armee bedeutet in etwa „Jene, die dem Tod ins Auge sehen“. Die Streitkräfte gingen aus bewaffneten Einheiten insbesondere der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) im Nordirak hervor. Experten gehen von etwa 130.000 bis 200.000 Kämpfern aus. Viele unterstehen der kurdischen Regionalregierung.
In Nordsyrien kämpfen derzeit insbesondere die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) gegen die IS-Extremisten. Sie sind mit der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) verbunden und wollen ihre drei „autonomen Kantone“ schützen, die nach dem Rückzug der syrischen Regierungstruppen in den überwiegend von Kurden bewohnten Regionen errichtet wurden.
Volksschutzeinheiten und PYD stehen der kurdischen Arbeiterpartei PKK nahe, die in der Türkei verboten ist und auch in europäischen Ländern und den USA auf der Terrorliste steht. Experten gehen davon aus, dass PKK-Kämpfer die syrischen Kurden unterstützen.
Gibt es hierbei bestimmte Zuständigkeiten? Veröffentlichen die offiziellen IS-Twitterer andere Informationen als die inoffiziellen?
Über die offiziellen Kanäle werden insbesondere die höherwertigen oder aufwendigeren Produktionen verbreitet – zum Beispiel lange vorbereitete Videos. Auch offizielle Erklärungen vom IS-Sprecher al-Adnani werden dort publiziert oder von al-Baghdadi, wenn er sich einmal zu Wort meldet. Über die inoffiziellen erfährt man viel über das Kampfgeschehen vor Ort.
Großes Aufsehen erregt der IS mit seinen Videos. Vor allem die Enthauptungsvideos finden immer wieder ihren Platz in der Berichterstattung. Welche Rolle spielen diese Videos in der IS-Propaganda?
Die Videos verdeutlichen die zwei Gesichter, die der IS nach außen zeigt. Da gibt es das äußerst brutale Gesicht, das er sich selbst generiert hat, indem er immer wieder Enthauptungsvideos veröffentlicht, die sich an Radikalität weiter steigern. Zum anderen produziert der IS zahlreiche Videos, die sich an das syrisch-irakische Publikum richten – also an die Menschen, die unter dem IS leben oder bald leben könnten, aber auch an Sympathisanten. Hier präsentiert der IS sich als Staat, der Dienstleistungen für seine Bürger anbietet – etwa den Ausbau von Straßen, die Errichtung von Krankenhäusern, Schulen und den Ausbau elektrischer Leitungen.