Islamischer Staat "Der IS will seine Gegner einschüchtern – auch im Westen"

Seite 2/4

„Der IS könnte den Tod al-Baghdadis kompensieren“

Der IS begann als einer von vielen al-Qaida-Ablegern, emanzipierte sich aber. Mittlerweile scheint er weitaus mächtiger als al-Qaida. Warum?

Der Zeitpunkt des Niedergangs von al-Qaida war zugleich der Höhepunkt der Organisation – die Anschläge vom 11. September 2001. Damit wurde al-Qaida zum Ziel sämtlicher westlicher Staaten im Krieg gegen den Terrorismus. Neben Osama Bin Laden wurden viele weitere wichtige Funktionäre getötet und der finanzielle Nährboden wurde trockengelegt. Parallel dazu begann der Irak-Krieg, der Jihadisten aus aller Welt anzog. Für sie war es eine unheimliche Attraktion, die Amerikaner in einem arabischen Kernland zu bekämpfen.

Die Führer des IS

Lassen Sie uns einen Blick auf die Führungsstruktur des IS werfen. Abu Bakr al-Baghdadi ist bereits der dritte Kopf der Organisation – seine drei Vorgänger wurden allesamt getötet. Auch über seinen Tod gab es jüngst Spekulationen. Wie wichtig ist er für den IS?

Er ist eines der Aushängeschilder der Organisation. Gerade al-Baghdadi, der das Kalifat ausgerufen hat, vereint vieles auf sich: Zahlreiche Personen, die sich dem IS anschließen, tun das sicher auch wegen seines Charismas und der mit ihm zusammenhängenden „Erfolgsgeschichte“ der  Organisation.

Aber ist er unabkömmlich?

Der IS hat lange Erfahrung, was die Ausschaltung von Führungsmitgliedern betrifft und er hatte jahrelang Zeit, sich auf Fall des Todes al-Baghdadis vorzubereiten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er diesen Rückschlag zumindest mittelfristig kompensieren könnte.

Chronik der IS-Krise

Der IS ist nicht die einzige islamistische Organisation, die aus der von Ihnen geschilderten Gemengelage erwuchs. Allerdings ist er die mächtigste. Was hat er besser gemacht als andere Organisationen?

Der IS hat unter der Führung von al-Zarqawi und später unter der al-Baghdadis die Macht konsequent weiter ausgebaut. Das Netzwerk, auf das der IS heute zurückgreift – zwischen Syrien, dem Irak, Jordanien und Libanon – wurde seit Anfang der 2000er Jahre aufgebaut. Zudem hat er sich früh selbst finanziert – durch Banküberfälle, Erpressung, Schutzgeld und Geiselnahmen.  

Darauf ist er heute nicht mehr angewiesen. Jetzt sichern Einnahmen aus Öl, Spenden und Steuern die IS-Finanzen.

Ein weiterer Aspekt ist die erfolgreiche Medienarbeit – insbesondere in den sozialen Netzwerken sind sie sehr gut aufgestellt.

Was macht der IS hier anders als die sonstigen jihadistischen Organisationen?

Zum einen hat der IS sehr früh auf die neuen Medien gesetzt. Er war die erste Terror-Organisation, die Twitter in einem derart massiven Umfang genutzt hat. 

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%