IW-Studie zu bedrohten Regionen Was die Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse tun könnte

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Eine ernüchternde Diagnose

Insgesamt urteilt das IW: 30 Jahre nach der Wiedervereinigung lasse sich nicht mehr rechtfertigen, dass vor allem der Osten gefördert werde. Es habe sich gezeigt, dass die traditionelle Regionalpolitik eben nur in einigen Teilen funktioniert habe, die auf die Schaffung von sicheren Industriearbeitsplätzen setze und so das Einkommen und die Wirtschaftskraft erhöhen wolle. Das gelte für ganz Deutschland.

Überwiegend liegen die schwachen Regionen dennoch eher im Osten als im Westen und befinden sich dort vor allem auf dem Land. In dem Zusammenhang haben die Forscher eine eher ernüchternde Diagnose parat: Die Digitalisierung und das wachsende Gewicht von Dienstleistungen an der Wirtschaft verschärfen die Spaltung zwischen brummenden Ballungszentren und lahmenden Landstrichen zusätzlich.

Die Menschen, die in den neuen Branchen arbeiteten, wollten eng vernetzt sein und suchten die gegenseitige Nähe. Zudem werde es immer billiger, die Waren und Dienstleistungen in entlegenere Regionen zu befördern. Das trage zu einem guten Teil zum Boom in Hamburg, Berlin oder München bei. Es lasse sich durch Regionalförderung nicht umkehren. Deshalb sollten im Ruhrgebiet wie auf dem Land künftig verstärkt innovative Ideen oder Initiativen gefördert werden statt zuvorderst klassische Wirtschaftsinvestitionen.

Eine weitere eher unbequeme Erkenntnis des IW: Die Zuwanderung trage derzeit zur regionalen Spaltung in Deutschland bei. „In den wirtschaftsschwächeren Städten in Nord- und Westdeutschland lassen sich relativ viele Geflüchtete nieder.“ In den von Abwanderung der Jungen betroffenen Gegenden im Osten kämen nur wenige Zuwanderer überhaupt an. Die qualifizierten Zuwanderer, deren Integration leichter sei, ziehe es in die Wirtschaftszentren im Süden. Schwache Regionen müssten deshalb gezielt selbst qualifizierte Zuwanderer ansprechen – am besten Studierende aus dem Ausland, die in Deutschland ihren Abschluss machen wollten.

Was Deutschlands Regionen prägt und vor allem auch die Sicht auf diese, belegen übrigens die 30 Autoren der IW-Studie selbst. Kein einziger von ihnen stammt aus Ostdeutschland und nur zwei haben beruflich einen kurzen Abstecher dorthin unternommen – wenn man Berlin mal ausnimmt.

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