Das ist die Lesart der AfD. In der Union scheint Merkel derzeit unangefochtener denn je. Am Montagabend stellte sich die Unionsfraktion hinter die Ankündigung der CDU-Bundesvorsitzenden, im Falle einer vorgezogenen Neuwahl erneut für das Kanzleramt zu kandidieren. Die Abgeordneten von CDU und CSU hätten die Bereitschaft Merkels „mit tosendem Applaus“ begrüßt, sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU) nach einer Sitzung der Unions-Parlamentarier in Berlin.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte, es sei wichtig, dass die Schwesterparteien nun eng zusammenblieben. Die vergangenen Wochen hätten nach dem Streit über die Flüchtlingspolitik gezeigt, dass das Vertrauen zueinander wieder gewachsen sei und dass CDU und CSU auch in schwierigen Situationen eng zusammenhalten würden. Er gehe davon aus, dass es Neuwahlen geben werde, nachdem die SPD erneut gezeigt habe, dass sie nicht regierungsfähig sei.
Wenn CDU/CSU die richtigen Lehren aus den zurückliegenden Wochen ziehen, könnten sie womöglich AfD-Wähler wieder zurückgewinnen. „Allerdings müsste die Union ihren Wahlkampf dazu anders anlegen und stärker auf die Bedürfnisse dieser Wähler eingehen“, sagte der Bremer Politik-Professor Probst. „Das betrifft vor allem die Angst vor Kontrollverlust im Zusammenhang mit der Zuwanderung und Ängste, die mit den kulturellen und ökonomischen Veränderungen durch die Globalisierung verbunden sind.“
Für die Sozialdemokraten könnten Neuwahlen ein nicht kalkulierbares Risiko bedeuten, schätzt Probst. Die SPD habe zwar die Chance, ihren Wahlkampf anders anzulegen und sich offensiver von der Union zu unterscheiden. „Allerdings ist sie gerade in einem Prozess der strategischen Neuorientierung, und dieser Prozess ist nicht abgeschlossen – mehr Richtung links oder mehr Richtung Mitte“, erläutert er.
Gleichwohl ist er überzeugt, dass die Verweigerung, doch noch eine erneute Große Koalition zu bilden, den Sozialdemokraten nicht schaden werde, „denn die Mehrheit der Partei ist froh, endlich aus der Großen Koalition raus zu sein und befreit Oppositionswahlkampf betreiben zu können“.