Jamaika-Koalition Merkel schwört Union auf harte Gespräche ein

Die möglichen Jamaika-Koalitionäre haben noch gar nicht miteinander beratschlagt, da knirscht es schon gewaltig. Die CDU reagiert gereizt auf Forderungen von FDP-Chef Lindner. Die Kanzlerin erwartet harte Gespräche.

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Angela Merkel erwartet harte Gespräche um mögliche Jamaika-Koalition Quelle: dpa

Berlin Kurz vor dem Start der Sondierungsgespräche stellt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf harte Gespräche mit den potenziellen Jamaika-Partnern FDP und Grüne ein. „Wir werden nicht ohne Kompromisse auskommen“, auch wenn die Union klare Ziele habe, sagte Merkel am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern in einer Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Am Mittwoch beginnt die Union in Berlin zuerst mit der FDP und dann mit den Grünen ihre Sondierungen. Für Misstöne vor Beginn der Gespräche sorgten Forderungen von FDP-Chef Christian Lindner. Noch-Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wurde derweil einstimmig von der Unionsfraktion für das Amt des Bundestagspräsidenten nominiert.

Lindner forderte, das Finanzministerium solle nicht erneut an die CDU gehen. „Ein Grüner, ein CSU- oder ein FDP-Finanzminister – alles wäre besser, als das Kanzleramt und das Finanzministerium weiterhin in CDU-Hand zu halten, denn so wird durchregiert. Das hat sich nicht bewährt“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Ob er selbst das Amt anstrebe, ließ Lindner erneut offen: „Mir ist eine andere Finanzpolitik wichtiger als die Frage, welche Person im Ministerium sitzt.“

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) reagierte vergrätzt auf die Äußerungen: „Ich würde mal raten, ein sondierungsfreundliches Klima in allen betroffenen Parteien zu schaffen. Und das heißt, nicht jeden Tag dem anderen eine Wurst vor die Nase zu halten.“ Man sei sich einig gewesen, „dass Personalfragen erst am Ende stehen sollten, nicht am Start“. Deswegen werde er keine „roten Linien“ aufstellen, sagte Kauder und ergänzte: „Ich ziehe schwarze Ziele vor.“

Schäuble wird in jedem Fall nicht noch einmal das Finanzressort übernehmen: Die Unionsfraktion, der als stärkster Kraft im Parlament traditionell das Vorschlagsrecht zufällt, stimmte einstimmig für Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert (CDU). Bei der Wahl in der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 24. Oktober kann Schäuble mit einer großen Mehrheit rechnen, da SPD und FDP bereits Unterstützung signalisiert haben. Nach dem Einzug der AfD in den Bundestag waren Erwartungen laut geworden, Schäuble als erfahrenen Parlamentarier mit großer Autorität zum Präsidenten zu küren. Er sitzt seit 1972 im Bundestag und ist dienstältester Abgeordneter.

Merkel versprach derweil ihrer Fraktion für die Koalitionsgespräche ein „Maximum an Transparenz“. Bereits am kommenden Montag werde sie die Abgeordneten detailliert über die Gespräche mit FDP und Grünen informieren. Die Kanzlerin dämpfte zugleich Erwartungen, es werde bei den ersten Gesprächen in großer Runde an diesem Freitag bereits konkrete Ergebnisse geben. Dort würden voraussichtlich die Arbeitsstrukturen für die Sondierungen festgelegt.

Am Rande der Sitzung der Unionsfraktion hieß es, es sei anzunehmen, dass nicht nur in großer Runde der mehr als 50 Unterhändler über eine mögliche Zusammenarbeit verhandelt werde. Möglich ist demnach, dass in einzelnen Themen-Arbeitsgruppen auch Experten aus den Fraktionen und den Ländern hinzugezogen werden. Am Donnerstag ist ein Treffen von FDP und Grünen vorgesehen, am Freitag sollen die Gespräche mit allen Jamaika-Parteien beginnen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt trat kurz vor Beginn der Gespräche erneut auf die Bremse. „Jeder weiß, wenn man nach Jamaika segelt, dann kann man auch in schwere See geraten. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass uns ein starker Sturm einholt“, sagte Dobrindt dem Sender RTL/ntv.

Die Liberalen stellten auch im Sozialbereich Forderungen auf – sie machen sich für eine Begrenzung der Abgaben stark. „Die Sozialabgaben dürfen nicht unendlich weiter steigen. Wir müssen da eine Grenze setzen“, sagte FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur. „Ein Einwanderungsgesetz würde hier sehr helfen.“ Man müsse aber auch über eine stärkere Steuerfinanzierung sprechen. Dabei seien wegen der Rekordsteuereinnahmen keine zusätzlichen Steuern nötig, sondern nur eine sinnvollere Verteilung.

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