Jamaika-Sondierungen Jens Spahn fordert Aus für Rente mit 63

Jens Spahn hat sich am Rande der Jamaika-Verhandlungen zur Rente geäußert. Der CDU-Politiker forderte laut einem Medienbericht die Abschaffung der abschlagsfreien Rente mit 63. Unterstützung gibt es aus der Forschung.

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Die 10 schlimmsten Fehler bei der Vorsorge
Schlecht informiertDie Deutschen kaufen Autos, Computer, Küchengeräte und gehen auf Reisen. Vor dem Kauf werden oft zahlreiche Testberichte gelesen. Geht es allerdings um Versicherungen und die eigene Vorsorge, sieht dies anders aus. Dabei sind ausreichende Informationen wichtig, um teure Fehlabschlüsse zu vermeiden. Quelle: Institut GenerationenBeratung IGB Quelle: Fotolia
Lückenhafte VorsorgeOft werden einzelne, wichtige Teile der Altersvorsorge vergessen. Dazu gehören: 1) individuelle Vorsorgevollmacht 2) Patientenverfügung 3) Klärung der Finanzen im Pflegefall 4) Testament Quelle: Fotolia
Die falschen Berater„Freunde, Familie und Bekannte in alle Vorsorgefragen einzubeziehen, ist wichtig und stärkt die Bindung zueinander. Doch sich allein auf ihren Rat zu verlassen, wäre fatal“, sagt Margit Winkler vom Institut GenerationenBeratung. Denn nur ausgebildete Finanzberater könnten auch in Haftung genommen werden. Sie sind verpflichtet, alle besprochenen Versicherungen und Vorsorgeprodukte zu dokumentieren. Quelle: Fotolia
Vorsorge ist nicht gleich VorsorgeJeder sollte seine Altersvorsorge an seine eigenen Bedürfnisse anpassen, pauschale Tipps von Beratern oder Freunden taugen in der Regel wenig. Je nach Familiensituation können andere Versicherung und Vorsorgeleistungen wichtig sein. „Vor allem in Patchwork-Situationen oder bei angeheirateten Ehepartnern gelten andere Spielregeln in der Vorsorge", sagt Winkler. Quelle: Fotolia
Schwarze Schafe Deshalb ist bei der Auswahl des Beraters Vorsicht geboten, in der Branche sind schwarze Schafe unterwegs. Geht ein Berater nicht auf die persönliche Situation ein oder preist ein bestimmtes Produkt besonders an, sollten die Kunden hellhörig werden.
Informiert ins GesprächWer Fehlern im Zuge von Falschberatung entgehen will, der muss sich vorher selber informieren. Je besser der Kunde im Beratungsgespräch selber informiert ist, desto eher kann er schlechte Berater enttarnen. Quelle: Fotolia
Vorsorge-FlickenteppichBeraterin Winkler warnt davor, zu viele Verträge bei vielen verschiedenen Beratern abzuschließen. Am Ende drohten Versicherte, den Überblick zu verlieren, besser sei eine ganzheitliche Lösung, die auf die individuelle Situation abgestimmt ist. Quelle: Fotolia

In der CDU und in der Wirtschaft wird die von der großen Koalition eingeführte Rente mit 63 in Frage gestellt. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn verlangte in der „Rheinischen Post“ (Montag) ihre Abschaffung. Diese „Form der Frühverrentung“ sollte auslaufen und das Geld lieber in die Renten von Witwen und Erwerbsgeminderten investiert werden, argumentierte er. „Die Rente mit 63 für langjährig Versicherte wird vor allem von männlichen Facharbeitern genutzt, die wir eigentlich noch brauchen.“

Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, Michael Hüther, sagte der „Welt“ (Montag), die Rente mit 63 müsse „rückabgewickelt“ werden. Mehr als 200 000 Arbeitskräfte hätten deswegen schon zu arbeiten aufgehört - alles gut verdienende Menschen mit mittlerer und höherer Bildung. „Wenn ich Grüne und FDP wäre, würde ich die Union da vor mir hertreiben“, sagte Hüther mit Blick auf die Jamaika-Sondierungen. Zudem müsse man darüber nachdenken, ab 2029 das Renteneintrittsalter auch über 67 Jahre hinaus zu erhöhen.

Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund haben bis Ende August 160 000 Versicherte einen Antrag auf abschlagsfreie Rente mit 63 gestellt. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 165 000. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, kann seit Juli 2014 ab 63 Jahren ohne Abschlag in Rente gehen. Allerdings wird diese Altersgrenze seitdem pro Jahr um zwei Monate angehoben, so dass die Jahrgänge ab 1964 erst mit 65 nach 45 Jahren abschlagsfrei in Renten gehen können. Die „Rente mit 63“ ist insofern etwas missverständlich.

Die frühere Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) wies den Vorstoß Spahns zurück. „Das zeigt, wie die CDU heute tickt. Da ist mehr soziale Kälte als soziale Verantwortung zu spüren“, sagte sie dem SWR. Das Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Annelie Buntenbach, hielt Spahn entgegen: „Wer die Rente mit 63 zurückdrehen will, ignoriert schlicht die Lebenswirklichkeit vieler Menschen. Wir brauchen nicht weniger Möglichkeiten für Beschäftigte, vor dem 67. Lebensjahr in Rente gehen zu können, sondern mehr.“ Viele erreichten heute schon den regulären Rentenbeginn nicht.

Der Wirtschaftsrat der CDU sieht in einem Jamaika-Bündnis die große Chance, das SPD-Projekt der Rente mit 63 zu beerdigen, und unterstützt den Vorstoß Spahns.

Die CSU wollte in den Jamaika-Sondierungen auch eine weitere Erhöhung der Mütterrente fordern. Dabei geht es um Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Sie sollen einen Rentenpunkt mehr bekommen und damit genauso viel wie Mütter, deren Kinder nach diesem Datum geboren wurden. Ein Rentenpunkt für diese Frauen kostet zwischen sechs und sieben Milliarden Euro.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Für mich ist das Entscheidende, dass wir keine Altersarmut mehr haben.“ Die Mütterrente sei dafür nicht das richtige Instrument. Besser wäre eine „Garantierente“. Wer lange gearbeitet habe, solle mehr haben als die Grundsicherung.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, forderte die vollständige Angleichung der Mütterrente sowie eine Stabilisierung des Rentenniveaus und dessen Anhebung auf 50 Prozent.

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