Jamaika-Sondierungen Treffen der Parteichefs geht in die zweite Runde

Abgetastet haben sich CDU, CSU, FDP und Grüne lange genug. Nun geht es gewissermaßen ans Eingemachte. Die nächsten Tage werden zeigen, ob die Gemeinsamkeiten für eine Jamaika-Koalition schlussendlich ausreichen.

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Im Haus der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft finden die Sondierungsgespräche von CDU, mit CSU, FDP und Grünen statt. Quelle: dpa

Berlin Mit einem Treffen der Chef-Verhandler im kleinen Kreis beginnt an diesem Montag in Berlin die zweite Runde der Sondierungen von CDU, CSU, FDP und Grünen für eine Jamaika-Koalition. Die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) das Grünen-Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sowie FDP-Chef Christian Lindner und sein Vize Wolfgang Kubicki wollen dabei eine Basis für die heiße Phase der Beratungen schaffen. Angestrebt werden bis Mitte November konkretere Ergebnisse zu zentralen Themen, damit die vier Parteien über die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen entscheiden können.

Bis vergangenen Freitag waren in einer ersten Sondierungsphase zwölf Themenkomplexe grob auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht worden. Dabei wurde klar, dass einige brisante Themen nur separat auf Chef-Ebene zu klären sind. Dazu gehören die Flüchtlingspolitik, der Klimaschutz und die Verkehrspolitik mit Weichenstellungen zur Zukunft von Autos mit Verbrennungsmotor. Nach dem Treffen der Chefs sollen von Dienstag an die Beratungen zu Fachthemen fortgesetzt werden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wollte unterdessen keine Prognose zum Ausgang der Sondierungsverhandlungen abgeben. „Dass Sondierungsverhandlungen stattfinden, sehen Sie so gut wie ich“, sagte Steinmeier am Montag bei einem Besuch in Neuseelands Hauptstadt Wellington. „Sehen wir, wann aus den Sondierungsverhandlungen Koalitionsgespräche werden. Als Präsident bin ich nicht in der Lage, entsprechende Prognosen zu treffen.“

SPD-Vize Ralf Stegner kritisierte die bisherigen Sondierungen als substanzlos. „Was die vier Parteien, die eine schwarze Ampelkoalition bilden wollen, seit Wochen abliefern, ist alberne Balkonpolitik mit immer denselben Winkbildern für die Kameras und Plattitüden für die Mikrofone“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Von Europa bis Klimaschutz, von Flüchtlings- bis zur Steuerpolitik seien die vier Parteien meilenweit von substanziellen Gemeinsamkeiten entfernt. Aber: „Die schwarze Ampel wird kommen, weil sich Merkel und Özdemir, Seehofer und Lindner keine Blamage leisten können“, sagte Stegner.

Parteichef Martin Schulz bekräftigte erneut, dass die SPD im Fall eines Scheiterns der Jamaika-Verhandlungen nicht als Ersatzpartner für die Union zur Verfügung stünde. Er sagte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ an die Adresse von CDU/CSU, FDP und Grünen: „Es ist die Aufgabe dieser Mehrheit, eine Regierung zu bilden und wenn sie das nicht zustande kriegt, wenn sie den Wählerauftrag nicht umsetzt, dann müssen die Wählerinnen und Wähler halt erneut sprechen.“

Der Grünen-Politiker Robert Habeck appellierte an alle Sondierer, nicht ständig öffentlich über ein mögliches Scheitern der Gespräche zu spekulieren. „Wir sollten uns nun darauf konzentrieren, gemeinsame Ergebnisse zu erzielen und das Neuwahl-Gerede endlich einstellen“, sagte der Kieler Umweltminister dem „Handelsblatt“ (Montag).

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung (Montag), eine Neuwahl wäre eine Katastrophe, ein Signal der Handlungsunfähigkeit demokratisch gewählter Parteien und ein Nährboden für Extremisten. „Alle Parteien wissen, dass es jetzt darum geht, Jamaika hinzubekommen. Dazu müssen sich alle Parteien am Tisch am Riemen reißen.“ Günther rief seine Partei zu mehr Zugeständnissen etwa beim Familiennnachzug von Flüchtlingen auf: „Als Familienpartei kann die CDU in diesem Bereich Kompromisse machen.“

CSU-Vize Christian Schmidt machte allerdings in der „Passauer Neuen Presse“ (Montag) klar, dass seine Partei in dieser Frage nicht gesprächsbereit ist: „Am Nein der CSU zum Familiennachzug wird nicht gerüttelt.“

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, beharrte in der „Passauer Neuen Presse“ (Montag) auf den Familiennachzug, zeigte sich jedoch in anderen Fragen der Flüchtlingspolitik flexibel: „Beim Ziel, die Asylverfahren zu beschleunigen sowie abgelehnte und ausreisepflichtige Asylbewerber konsequent zurückzuführen, werden wir uns aber nicht querstellen.“

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