Joachim Gauck Vom Pastor zum Bundespräsidenten

Joachim Gauck hat sich in den ersten vier Jahren als Bundespräsident Ansehen und Respekt erworben - das hat auch mit seiner ungewöhnlichen Biografie zu tun.

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Bundespräsident Joachim Gauck auf der deutschen Frigatte

Als Joachim Gauck am 18. März 2012 zum Bundespräsidenten gewählt wurde, da begleiteten ihn große Hoffnungen und eine tiefe Sorge gleichermaßen. Der ruhmlose Rücktritt von Christian Wulff als Staatsoberhaupt lag wenige Wochen zurück, und auch die Erinnerung an Horst Köhler, der 2010 als Präsident hingeschmissen hatte, war noch wach. Was, wenn es auch diesmal schiefginge? Ging es nicht.

Dem Ex-Pastor aus Rostock gelang es, dem schwierigen, weil ebenso machtlosen wie doch bedeutenden Amt, Respekt zurückzugewinnen. Und seiner Person große Popularität und hohe Achtung zu sichern. Das war nicht selbstverständlich. Die Wahl Gaucks war ein Risiko, Kanzlerin Angela Merkel, die zweimal bei der Präsidentenkür kein glückliches Händchen bewiesen hatte, wäre eine andere Entscheidung lieber gewesen.

Auf die Frage, ob er Angst vor den hohen Erwartungen habe, sagte Gauck nach seiner Wahl selbstsicher: „Angst ist nicht so mein Lebensthema gewesen.“ Aber er sagte auch: „Liebe Leute, Ihr wisst es doch genau: Ihr habt keinen Heilsbringer oder keinen Heiligen oder keinen Engel, Ihr habt einen Menschen aus der Mitte der Bevölkerung als Bundespräsidenten.“

Gaucks Wegmarken

Dabei war der Anfang durchaus mühevoll. Schwerer als von vielen erwartet fiel es dem heute 76-Jährigen, bei aller Wortgewalt durchzudringen mit seinen Botschaften. Eine mit großer Sorgfalt inszenierte Europarede verhallte ohne großes Echo. Sein erklärtes Schwerpunktthema Menschenrechte fand nicht so viel Beachtung wie erhofft.

Doch dann kam der 31. Januar 2014; Gauck hielt vor der Münchener Sicherheitskonferenz seine wohl wichtigste Rede. „Dies ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir kennen“, sagte Gauck. Die Konsequenz daraus: Deutschland darf sich nicht wegducken, auch nicht mit Hinweis auf die grauenvolle Nazi-Vergangenheit. „Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein“, erklärte er in München.

Wenige Wochen vorher war bekannt geworden, dass er die Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi nicht, wie es üblich gewesen wäre, besuchen wollte. Da war die spätere Annexion der Krim noch kein Thema.

So viel steht fest: Pazifismus ist für den Mann von der Ostsee keine ernstzunehmende Haltung. Und ein Freund Russlands oder des russischen Präsidenten Wladimir Putin wird sicher auch nicht mehr aus dem überzeugten Antikommunisten werden. Das hat natürlich auch mit seiner ungewöhnlichen Biografie zu tun.

Gauck wird am 24. Januar 1940 in Rostock als Sohn eines Seemanns geboren. Der Vater verschwand später in einem sowjetischen Lager, kehrte erst 1955 extrem geschwächt zurück. Viele führen Gaucks Kritik an Russland auf diese einschneidende Erfahrung zurück, wobei er selbst das relativiert. Kritik am totalitären Staat, der Nazis ebenso wie der SED, war immer eine Säule seiner Überzeugungen.

1959 heiratet der Theologie-Student seine Freundin Gerhild, mit der er bis heute verheiratet ist, auch wenn beide seit 1990 getrennt leben. Zehn Jahre später kommt Gauck mit der Journalistin Daniela Schadt zusammen, die ihn 2012 als „First Lady“ ins Schloss Bellevue begleitet.

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