Jörg Meuthen Der AfD-Chef und die „moderaten Reichsbürger“

Eigentlich wollte die Bundes-AfD ihre neue Spendenkampagne vorstellen. Da die Präsentation der Parteispitze wenig Substanz hatte, rückten schnell andere, deutlich pikantere Themen ins Zentrum einer Pressekonferenz.

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AfD-Chef Jörg Meuthen (m.) spricht zur neuen Spendenkampagne seiner Partei, die schnell zur Nebensache wird. Quelle: dpa

Berlin Die AfD ist mit 24.000 Mitgliedern eine ziemlich kleine Partei. Und trotzdem bei Wahlen erfolgreich. Das kostet Geld. Deshalb ist die AfD angesichts ihrer überschaubaren Größe umso mehr auf Spenden angewiesen.

Parteigründer Bernd Lucke erfand daher einen Online-Goldshop. Mit dem Umsatz aus dem Goldverkauf steigerte die AfD ihre Einnahmen. Doch diese Finanzquelle ist längst passé.

Eine Gesetzesänderung hat der AfD im vergangenen Dezember den Goldhahn zugedreht. Seitdem ist der Partei kein neuer Kniff eingefallen, um Spender zu locken. Dennoch lud die Partei heute in Berlin zur Pressekonferenz, um ihre neue Kampagne vorzustellen. Die Präsentation wurde aber schnell zur Nebensache, weil andere, pikantere Themen in den Vordergrund rückten.

Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Stoßrichtung der neuen Spendenkampagne, zu der Co-Parteichef Jörg Meuthen zunächst sprach, war weder wirklich neu noch überraschend. Er ließ die Hauptstadtjournalisten wissen, dass bis Jahresende zwei Millionen Euro an Spenden eingesammelt werden sollen, um die staatliche Parteifinanzierung voll ausschöpfen zu können. Außer ein Motto für die Kampagne hat die Partei nicht zu bieten. Sie erhofft sich demnach mit dem Spruch „Auf die Plätze, spenden – los!“, dass sich ausreichend Zahlungsbereite finden, um der AfD ihr Wahlkampfziel zu ermöglichen, im kommenden Jahr in den Bundestag einzuziehen.

Aufhorchen ließen hingegen einige Äußerungen Meuthens zu anderen Themen. Als er gefragt wurde, wie es die AfD eigentlich mit den rechtsextremen „Reichsbürgern“ halte, ob sie sich von der Bewegung distanziere und die Anhängerschaft zu der Bewegung eine Parteiausschlussgrund sei, sagte der AfD-Co-Chef: Man müsse sich die unterschiedlichen Positionen ansehen, die es dort gebe. „Da gibt es sehr krasse Positionen, die lehnen wir radikal ab, es gibt moderate Positionen, die auf eine unbestimmte Rechtslage verweisen, darüber kann man reden.“


Meuthen: Hohmann wurde „beträchtliches Unrecht angetan“

Auf Nachfrage erklärte Meuthen dann, dass er jetzt nicht in ein „staatsrechtliches Proseminar einsteigen“ wolle. Aber aus einer „laienhaften Perspektive heraus“ sei er der Ansicht, dass die „Reichsbürger“ teilweise auf Sachverhalte hinwiesen, die eine „gewisse Unbestimmtheit“ hätten. „Daraus jetzt krasse Positionen abzuleiten, wie die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland infrage zu stellen, halte ich für absurd und grotesk.“ Wenn seitens der „Reichsbürger“ solche Positionen geäußert würden, gelte für die AfD eine „solide Abgrenzung“ dazu.

Dirk Driesang, Bundesvorstandsmitglied der AfD, wies zudem auf eine Unvereinbarkeitsliste seiner Partei vom April 2015 hin. Danach gilt die Reichsbürgerbewegung als unvereinbar mit den politischen Zielen der AfD.

Dessen ungeachtet hatte sich kürzlich die Thüringer AfD für die Belange der „Reichsbürger“ stark gemacht. Als zuletzt ein „Reichsbürger“ in Bayern vier Polizisten mit Schüssen verletzte, einen von ihnen tödlich, und Thüringens Innenminister deshalb ein verschärftes Waffenrecht forderte, meldete sich die Partei umgehend zu Wort und lehnte den Vorstoß rundweg ab. „Bei dem ganzen Tam-Tam des Innenministers wird deutlich: Der Reichsbürger-Vorfall dient der rot-rot-grünen Landesregierung als Vorwand, um das altlinke ideologische Projekt der zwangspazifizierten und entwaffneten Gesellschaft durchzusetzen“, erklärte Jörg Henke, innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Erfurter Landtag.

Meuthen wurde auch auf den früheren CDU-Politiker Martin Hohmann angesprochen. Hohmann, der 2003 mit einer als antisemitisch empfundenen Rede einen Skandal ausgelöst hatte, kandidiert für die Hessen-AfD für die Bundestagswahl auf dem aussichtsreichen Listenplatz 4.

Meuthen steht der Kandidatur offen gegenüber, zumal, wie er sagte, Hohmann damals, als er wegen seiner umstrittenen Äußerungen aus der CDU ausgeschlossen wurde, „beträchtliches Unrecht angetan“ worden sei. Einschränkend fügte Meuthen hinzu: „Wenn wir den leisesten Verdacht hätten, dass Herr Hohmann antisemitische Positionen verträte, dann wäre er für unsere Partei kein möglicher Exponent.“ Seine Partei sei sich aber „sehr sicher, dass dies nicht der Fall ist“.

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