Jusos für Neuwahl SPD stimmt über GroKo ab

Teilnehmer des Landesparteitages der SPD bei einer Abstimmung Quelle: dpa

Rund 1,5 Millionen Euro lässt sich die SPD die Basisbeteiligung bei ihrer Entscheidung über eine weitere Koalition mit der Union kosten. Darauf blickt ganz Europa. Bekommt Angela Merkel doch noch eine Regierung hin?

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Mit dem Versand hunderttausender Wahlunterlagen hat die SPD die heiße Phase bei der Entscheidung ihrer Mitglieder über den Eintritt in eine erneute Koalition mit CDU und CSU eingeleitet. Die SPD-Spitze um Andrea Nahles rechnet nach den Erfahrungen bei den ersten Basiskonferenzen mit einer mehrheitlichen Zustimmung. Viele Mitglieder warnten vor „Chaos“, wenn es zu Neuwahlen kommen würde, berichtete sie. Zudem liegt die SPD in einer ARD-Umfrage nur noch bei 16 Prozent in der Wählergunst - und müsste im Fall einer Neuwahl fürchten, von der rechtspopulistischen AfD eingeholt zu werden.

Die geschäftsführende Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) ist nach den Begegnungen mit der Basis zuversichtlich. „Wir begegnen bei weitem nicht nur Skepsis an der Basis“, sagte Barley in Mainz. Viele sagten, sie seien skeptisch gewesen, würden nun aber zustimmen, „weil die Inhalte gut sind und weil natürlich auch die Alternative nicht wahnsinnig groß ist.“ Rund 463.000 Mitglieder können abstimmen, bis spätestens 2. März muss der Abstimmungsbrief eingesandt sein.

Es wird ein enges Rennen erwartet. Eine „NoGroko“-Initiative aus NRW, zu der auch SPD-Vorstandsmitglieder und Landtagsabgeordnete gehören, mit dem Slogan „Eine neue Zeit braucht eine neue Politik“ hat bereits mehrere hundert Mitglieder als Unterstützung. Viele Jungsozialisten (Jusos) kämpfen ebenfalls gegen die Groko und setzen auf Neuwahlen. Juso-Chef Kevin Kühnert sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag), der nächste Wahlkampf müsse „ein klarer Lagerwahlkampf sein“. Klare Alternativen ermöglichten den Wählern klare Entscheidungen, sagte er.

SPD stimmt über Groko ab

Er glaube nicht, dass die SPD automatisch noch schlechter abschneiden werde als beim letzten Mal, oder dass die AfD noch stärker werde. In der Koalition mit der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei es kaum möglich, Unterschiede herauszustreichen. Bei vielen SPD-Mitgliedern gebe es ein Gefühl der Demütigung. Für sie sei es nicht akzeptabel, „mit unserem wichtigsten Konkurrenten, der Union, jahrelang in einer Koalition verhaftet zu sein, noch dazu als Juniorpartner.“

An der Basis war bei den ersten Veranstaltungen spürbar, dass die Sorge groß ist, und die Partei verunsichert. SPD-Chef Martin Schulz, der die Partei mit einem Schlingerkurs verprellt hatte, war nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen zurückgetreten. Mit ihm als Kanzlerkandidat war die SPD auf 20,5 Prozent abgestürzt. Er wollte aber Außenminister werden - obwohl er nach der Wahl ausgeschlossen hatte, jemals in ein Kabinett von Angela Merkel einzutreten.

Nach Protest der Basis mit tausenden Mails wegen dieses Wortbruchs erklärte Schulz 44 Stunden nach Bekanntgabe des Plans den Verzicht. Er sollte zunächst bis nach dem Mitgliedervotum Parteichef bleiben. Aber nach den Turbulenzen wollte die designierte Nachfolgerin, Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles, vergangene Woche sofort das Amt kommissarisch übernehmen. Aber auch dieser Plan scheiterte an internem Protest: Nahles gehört gar nicht dem Vorstand an, und dies hätte wie eine Vorentscheidung noch vor dem Parteitag ausgesehen.

Worauf Union und SPD sich (bisher) geeinigt haben

Daher führt bis zum Sonderparteitag am 22. April in Wiesbaden einer der bisherigen Vizechefs, Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz, die Partei interimsweise. Es gibt bereits mehrere Gegenkandidaten, die Nahles herausfordern wollen, darunter die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange. Sie kritisiert, dass der SPD neue Ideen fehlen und Nahles bei ihrer Werbekampagne für das GroKo-Votum an der Basis den gemeinsamen Auftritt mit GroKo-Gegner Kühnert scheue.

Nahles wird zudem vorgeworfen, wie die Männer vor ihr die Nachfolge ohne jede Basisbeteiligung im kleinen Zirkel eingefädelt zu haben. Sie verspricht, zu schuften bis zum Umfallen, die SPD brauche neuen Teamgeist und eine Erneuerung. Dies versprach auch der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel vor der letzten großen Koalition - aber durch die Regierungsbeteiligung blieb das weitgehend auf der Strecke.

33 Prozent der Befragten sind laut ARD-„Deutschlandtrend der Meinung, dass Nahles in der Lage wäre, die SPD wieder zu einen und nach vorne zu bringen. Auch bei den SPD-Anhängern sind es lediglich 48 Prozent.

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