Krösus unter den Richtern sind Gosch und seine Kollegen. Mehr als 28.200 Euro Zusatzeinnahmen erzielten die BFH-Richter 2012 durchschnittlich pro Kopf. Die Erlöse der Top-Verdiener liegen noch weitaus höher, wie das Gericht gegenüber der WirtschaftsWoche bestätigt. „Bei den durchschnittlichen Einnahmen aus anzeigepflichtigen Nebentätigkeiten ist zu berücksichtigen, dass einige wenige Richter an sehr erfolgreichen Steuergesetzgebungskommentaren mitwirken, die einen außerordentlich hohen Ertrag abwerfen“, schreibt der BFH. Auf weitere Nachfragen will er freilich nicht genauer beziffern, wie hoch der Betrag ist, den der Top-Verdiener einstreicht.
Das juristische Prekariat sitzt hingegen am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wo Richter sich mit durchschnittlich 3.500 Euro Zusatzeinnahmen pro Jahr begnügen müssen. Lukrativer sind da schon die durchschnittlichen Nebenverdienste am Bundessozialgericht (10 100 Euro), Bundesgerichtshof (10.500 Euro) oder am Bundesarbeitsgericht (16.400 Euro).
Ein einträgliches Team
In Hamburg taut Gosch langsam auf. Er leitet beim BFH den Ersten Senat, alle Fragen zur internationalen Besteuerung gehen über seinen Tisch – genau die Fragen, die deutsche Weltkonzerne und ihre Berater besonders brennend interessieren. „Herr Professor Gosch, wie beurteilen Sie den Kampf der OECD gegen Steuerhinterziehung?“ Man dürfe „nicht aus populistischem Eifer über das Ziel hinausschießen und gewöhnliche Geschäftsvorgänge als missbräuchlich kennzeichnen“, setzt er an. Insgesamt mache es ihm Sorge, dass „Steuerrecht nur noch als Ordnungsrecht gesehen wird“, denn: „Es ist auch Teil eines internationalen Wettbewerbs, den wir nicht verlieren dürfen.“ Applaus. Den Konzernjuristen gefällt, was sie da hören.
Nebentätigkeiten der deutschen Bundesrichter
59 Richter und Richterinnen
57 davon mit Nebenjob
97 Prozent
Durchschnittsnebenverdienst: 28.200 Euro
Prozent- und Eurowerte gerundet;
Quelle: Gerichtsangaben, eigene Recherche
38 Richter und Richterinnen
38 davon mit Nebenjob
100 Prozent
Durchschnittsnebenverdienst: 16.400 Euro
Prozent- und Eurowerte gerundet;
Quelle: Gerichtsangaben, eigene Recherche
129 Richter und Richterinnen
94 davon mit Nebenjob
73 Prozent
Durchschnittsnebenverdienst: 10.500 Euro
Prozent- und Eurowerte gerundet;
Quelle: Gerichtsangaben, eigene Recherche
46 Richter und Richterinnen
46 davon mit Nebenjob
100 Prozent
Durchschnittsnebenverdienst: 10.100 Euro
Prozent- und Eurowerte gerundet;
Quelle: Gerichtsangaben, eigene Recherche
54 Richter und Richterinnen
46 davon mit Nebenjob
85 Prozent
Durchschnittsnebenverdienst: 3.500 Euro
Prozent- und Eurowerte gerundet;
Quelle: Gerichtsangaben, eigene Recherche
Den Moderator dürften die Ausführungen nicht überraschen. Jürgen Lüdicke ist Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und Professor an der Universität Hamburg. Vor allem aber: Die privat bekannten Gosch und Lüdicke bilden beruflich ein ziemlich einträgliches Team. Gosch ist Stammgast bei Veranstaltungen von PwC, mehrmals hat er laut Programm für die Weiterbildungsakademie des Konzerns in Wien Seminare gehalten, ist auf einer Tagung in Paris aufgetreten. Neuerdings geben sie zusammen die Schriftenreihe „PwC-Studien zum Unternehmens- und Internationalen Steuerrecht“ heraus. Dem einen verhilft das zu mehr Renommee, dem anderen zu ein paar leicht verdienten Euro. Über seine Honorare für die Vorträge will Gosch zwar nicht reden, doch im Fall Hamburg macht er eine Ausnahme. „Das war so gering, das kann ich Ihnen sogar verraten“, erklärt er, „zwischen 500 und 1.000 Euro“ habe er bekommen.
Ein Richter am Landgericht gibt an, für einen 20-minütigen Vortrag eines Kollegen seiner Kragenweite seien „bis zu 2.000 Euro drin“ – und Bundesrichter sind noch weit begehrter als die Kollegen von den Landgerichten. Für besonders einträglich hält er Podiumsdiskussionen, gerade wenn es um die eigene Rechtsprechung geht: „Da geht der Vorbereitungsaufwand gegen null.“