Kämmerer über Grundsteuer-Diskussion "Fällt die weg, wäre das der Kollaps für die Kommunen“

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„Dann vergammeln die Schultoiletten“

Was wäre denn der bessere Weg?
Ich befürchte, es gibt kaum Alternativen. Man wird die Aufgabe langsam abarbeiten müssen. Und man wird auch die neuen Ungleichheiten in Kauf nehmen müssen, die dabei entstehen werden. Für einige Immobilien wird die Grundsteuer sinken, für andere enorm steigen. Auf die Bürgermeister kommt dann ein hartes Stück Arbeit zu. Sie müssen ihren Bürgern erklären, warum es in dieser Gegend teurer und in der anderen günstiger wird. So etwas ist viel schwieriger zu rechtfertigen, als alle Bürger gleichmäßig mit einer Erhöhung von Abfallgebühren oder Eintrittsgeldern zu belasten.

Die Grundsteuer-Diskussion ist nur eine Baustelle der Kommunen. Viele sind hoch verschuldet und können kaum noch investieren.

Das Problem sind die Sozialausgaben, die seit Jahren steigen. Politiker in Berlin und in den Ländern verteilen Wahlgeschenke, für die Finanzierung aber müssen die Kommunen aufkommen. Das mag eine Weile gut gehen, aber irgendwann ist Schluss. Ich habe mal für Göttingen überschlagen, dass wir bis 2031 eigentlich 700 Millionen Euro investieren müssten, um etwa Kitas auszubauen, Gebäude zu sanieren, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Doch dass die Stadt diese Summe mit den bisherigen Steuern und Einnahmequellen aufbringen kann, ist nahezu ausgeschlossen. Nötig wäre Geld vom Bund und den Ländern.

Wo die meisten von Eigentum nur träumen können
10. Platz Düsseldorf Quelle: dpa
9. Platz: Erlangen Quelle: dpa
8. Platz: Regensburg Quelle: dpa
7. Platz: Hamburg Quelle: dpa
6. Platz: Rosenheim Quelle: dpa
5. Platz: Frankfurt Quelle: dpa
4. Platz: Ingolstadt Quelle: dpa

Die investieren doch schon längst mit Förderprogrammen.
Wir brauchen aber keine gebundenen Mittel aus speziellen Programmen, die bürokratisch und schwerfällig sind, sondern direkte Steuergelder. Es wäre ganz einfach: die Länder und der Bund müssten uns nur stärker als bislang an der Umsatzsteuer beteiligen. Das würde uns wirklich helfen.

Ein realistischer Wunsch?
Ehrlich gesagt bin ich skeptisch. Wenn man bei unserem Auto-Vergleich bleibt, fehlt nämlich der Abgrund. Mal angenommen Göttingen hätte statt der notwendigen 700 Millionen Euro nur 350 Millionen zur Verfügung, dann müsste die Stadt eben gezwungenermaßen Prioritäten setzen. Dann vergammeln zwar die Schultoiletten, und Kitagebäude oder Versammlungsräume, aber das alles passiert langsam und still. Irgendwann geht dem Auto vielleicht der Sprit aus, aber der Abgrund fehlt. Erst wenn der auftaucht, wird sich auch an den strukturellen Finanzproblemen der Kommunen etwas ändern.

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