
Nach den Anschlägen in Paris im November 2015 - 130 Menschen wurden ermordet – wollte die französische Regierung Härte zeigen und die Anti-Terror-Gesetze verschärfen. Allerdings hat Staatspräsident Francois Hollande mit dem Vorschlag, Terroristen die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen, einen heftigen Streit ausgelöst. Vor allem in seiner eigenen Sozialistischen Partei ist die Empörung groß.
Die Bevölkerung ist aber Umfragen zufolge mit großer Mehrheit dafür. Die geplante Maßnahme beträfe allerdings ohnehin nur gebürtige Franzosen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Die französische Staatsbürgerschaft soll nur dann entzogen werden können, wenn der „Verurteilte“ dadurch nicht staatenlos wird.
Eine Weltneuheit wäre Hollandes Plan keineswegs: In Ländern wie Großbritannien, Kanada und den Niederlanden ist es schon jetzt möglich, Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft auszubürgern - und zwar unabhängig davon, ob die Person im Land geboren oder erst im Laufe des Lebens eingebürgert wurde.
Frankreich und der Terror
Am französischen Nationalfeiertag am 14. Juli rast in der Hafenstadt Nizza ein Attentäter mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge. Mindestens 84 Menschen werden getötet, mehr als 200 verletzt.
Am 26. Juli haben in Saint-Étienne-du-Rouvray in der Normandie zwei Geiselnehmer einen Priester getötet, ein weiteres Opfer schwebt in Lebensgefahr. Die mutmaßlichen Täter wurden getötet. Der IS reklamierte die Tat über sein Sprachrohr Amak für sich.
Ein Mann ersticht in Magnanville westlich von Paris einen Polizisten und dessen Lebensgefährtin. Die Polizei erschießt den Täter, der sich zuvor zum IS bekannt hatte.
Am Jahrestag der Anschläge auf „Charlie Hebdo“ schießen Polizisten vor einem Pariser Kommissariat einen Mann nieder. Er war mit einem Messer bewaffnet und trug die Attrappe einer Sprengstoffweste.
Bei einer koordinierten Anschlagsserie in Paris töten IS-Extremisten 130 Menschen. In der Konzerthalle „Bataclan“ richten sie ein Massaker an, Bars und Restaurants werden beschossen, am Stade de France sprengen sich während des Fußball-Länderspiels Frankreich-Deutschland drei Selbstmordattentäter in die Luft.
Ein 25-jähriger Islamist wird im Thalys-Schnellzug auf dem Weg von Brüssel nach Paris bei einem Anschlagversuch mit einem Schnellfeuergewehr von Fahrgästen überwältigt. Zwei Zuginsassen werden verletzt.
Bei einem Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in Paris werden zwölf Menschen ermordet. Die beiden islamistischen Attentäter Chérif und Said Kouachi kommen zwei Tage später bei einer Polizeiaktion nordöstlich von Paris um. Der Islamist Amedy Coulibaly, der die Brüder Kouachi kannte, erschießt bei Paris eine Polizistin und nimmt mehrere Geiseln in einem jüdischen Supermarkt. Er tötet dort vier Menschen, bevor er von der Polizei erschossen wird.
Die Gruppe Jund al-Khilafa („Soldaten des Kalifats“), ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat, enthauptet einen in Algerien entführten französischen Touristen.
In Mali werden zwei Mitarbeiter von Radio France Internationale (RFI) entführt und ermordet. Die Terrororganisation Al-Kaida im islamischen Maghreb bekennt sich zur Tat. Zuvor hatte sich die Gruppe dazu bekannt, eine andere französische Geisel getötet zu haben.
Ein Serien-Attentäter erschießt sieben Menschen, darunter drei Kinder und einen Lehrer einer jüdischen Schule. Er wird nach rund 32-stündiger Polizeibelagerung seiner Wohnung erschossen. Zuvor hatte er sich als Al-Kaida-Anhänger bezeichnet.
Vor der Küste Jemens rammt ein mit Sprengstoff beladenes Boot den französischen Tanker „Limburg“. Ein Matrose kommt ums Leben. Al-Kaida bekennt sich zu dem Anschlag.
Bei einem Anschlag mit einer Gasflaschen-Bombe im Pariser S-Bahnhof Port Royal kommen vier Menschen ums Leben. Bereits 1995 waren bei einer Serie von Terroranschlägen, die islamischen Fundamentalisten aus Algerien zugeschrieben werden, in Frankreich insgesamt acht Menschen getötet worden.
Bei einem Absturz eines französischen Flugzeugs in Folge einer Bombenexplosion an Bord über dem afrikanischen Staat Niger sterben 170 Menschen. Ein französisches Gericht verurteilt sechs Libyer in Abwesenheit zu lebenslanger Haft, unter ihnen einen Schwager des damaligen libyschen Staatschefs Muammar el Gaddafi.
Staatenlosigkeit ist an sich eine Absurdität, doch eine die ganz real existiert: Millionen Menschen haben keine Staatsangehörigkeit und daher auch keinen staatlichen Schutz von Bürgerrechten. Durch den Besitz einer Staatsbürgerschaft entsteht immer ein besonderes Rechtsverhältnis einer Person zum jeweiligen Staat. Ein Verhältnis, das durch besondere Rechte und Pflichten gekennzeichnet ist. „Staatenlosigkeit macht die Betroffenen glauben, dass bereits ihre Existenz ein Verbrechen ist,“ sagt António Guterres, der von 2005 bis 2015 Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen war.
Staatenlosigkeit hat viele Gründe
Dass ein Mensch staatenlos ist, kann viele Ursachen haben – und ist oft das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener Faktoren. Ursprüngliche Gründe sind meist Staatsauflösungen oder die Abtretung eines Teils des ehemaligen Staatsgebietes. So kann schon ein neugeborenes Kind staatenlos sein, wenn die Herkunft der Eltern nicht eindeutig geklärt ist. Den Verlust der Staatsbürgerschaft bestimmt dabei die jeweilige nationale Gesetzgebung.
Staatenlosigkeit kommt deshalb weltweit vor: „Seit dem Zerfall der UdSSR und des früheren Jugoslawien gibt es auf beiden Territorien ebenfalls zahlreiche Staatenlose“, sagt Holger Hoffmann, Professor für Staatsrecht an der FH Bielefeld. Die damals neu entstandenen Staaten erklärten nur Menschen zu Staatsangehörigen, die bereits zur Zeit der Staatsgründung dort lebten oder – wenn im Ausland ansässig - sich innerhalb einer bestimmten Frist bei der Botschaft meldeten und die Einbürgerung beantragte. „Viele Minderheitsangehörige taten das nicht – und wurden so staatenlos“, erklärt Hoffmann.
In Deutschland gibt es derzeit knapp 14.000 Staatenlose – oft Menschen, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind. Die vergleichsweise geringe Zahl liegt nicht zuletzt auch daran, dass in der Bundesrepublik schon seit den Siebzigerjahren „erleichterte Einbürgerungsvoraussetzungen“ gelten, um die Staatenlosigkeit ganz zu beenden.