Peter Altmaier scheut den Feind nicht. Schnurstracks geht er auf das kleine Häuflein Landwirte zu. Die haben ihre Traktoren am Straßenrand auf einer Landstraße zwischen Köln und Bonn vor einer Umspannanlage abgestellt und recken jetzt ein paar Pappschilder in die Höhe. „Unser Boden ist unser Kapital“ und „wiederkehrende Vergütung jetzt“ steht darauf zu lesen. Die Forderungen der Landwirte sind Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nicht neu. Er zeigt Verständnis: „Sicher, wenn man da dauernd auf dem Acker um irgendwelche Strommasten mit seinem Traktor fahren muss, dann ist das schon lästig“. Hört sich ganz schön ironisch an. Aber nein, schiebt der Minister hinterher. Jede individuelle Befindlichkeit müsse anerkannt werden.
Flugs sichert der Politprofi dem Vorsitzenden der Kreisbauernschaft Bonn-Rhein-Sieg, Theo Brauweiler, zu, sich der Nöte der Landwirte höchstpersönlich anzunehmen. Klar, warum sollten die Bauern, die ihre Äcker für neue Stromtrassen zur Verfügung stellen, nicht genauso kompensiert werden wie die Landwirte an den Küsten in Norddeutschland oder im Osten der Republik, die Windräder auf ihren Grund und Boden stellen und dafür Jahr für Jahr eine Pacht erhalten. Versprechen könne er allerdings gar nichts, schiebt der Herr Minister gleich hinterher.
Bauer Brauweiler ist erst mal zufrieden, dass der Politiker aus dem fernen Berlin das persönliche Gespräch sucht. Der Minister zieht sich das Jackett aus. Im stickigen Zelt auf dem Gelände des Übertragungsnetzbetreibers Amprion warten schon die nächsten Anti-Stromtrassen-Kämpfer auf ihre Gelegenheit, denen da in Berlin mal zu sagen, was eigentlich los ist im Land. Während es den Landwirten ums Geld geht, geht es den Bürgern von Hürth um den Kampf gegen die „Monstertrassen“. Neue Hochspannungsleitungen durch ihren Ort, das sei unzumutbar. Noch dazu solche, die bis zu 80 Meter hoch sind.
Der ganze Kabelsalat wäre besser im Boden vergraben, fordert Bürgermeister Dirk Breuer. In Bayern ginge das ja auch. Warum also nicht auch in Nordrhein-Westfalen? Die Bürgerinitiative „Hürth gegen Hochspannung“ hat sich vor Gericht gewehrt. Im Frühjahr entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen den Bau neuer Hochspannungsleitungen in Hürth und Umgebung, weil Alternativen nicht ausreichend geprüft worden seien. Jetzt dürfen erst einmal keine neuen Masten errichtet werden. Wieder mimt Altmaier den Versteher: „Wir müssen alle Bedenken ernst nehmen. Das heißt aber nicht, dass wir alle Bedenken übernehmen“, hält er dem Bürgermeister von Hürth entgegen.
Es ist Sommerzeit. Die parlamentarische Arbeit ruht in Berlin. Wirtschaftsminister Altmaier ruht nicht. Drei Tage ist der CDU-Politiker in dieser Woche durch die Republik gereist vom Rheinland bis hoch in den Norden ins Emsland. Er hat sich mit Bauern, Bürgern, Landtagsabgeordneten getroffen. Lernen will er. Zuhören will er. Und was er sich alles anhören muss zwischen Maisfeld und Moor, das wird ihn in den nächsten Monaten noch viel beschäftigen. Denn zuhören ist das eine. Gemessen wird er daran, wie er das Gelernte umsetzt.
Es ist kein Zufall, dass sich Altmaier in der Sommerpause aufmacht, um sich dem Megaprojekt Energiewende zu widmen. Die Kritik an ihm, der seit März dieses Jahres Bundesminister für Wirtschaft und Energie ist, wächst. Er fördere nicht, sondern behindere den Umbau des Energiesystems weg von Kohle, Atom und Gas hin zu Erneuerbaren Energien, sagen seine Kritiker. Sonderausschreibungen für mehr Ökostrom halte er zurück, obwohl sie im Koalitionsvertrag mit der SPD fest vereinbart seien. Die Kritiker vergessen dabei allerdings den zweiten Satz, der dazu auch im Koalitionsvertrag steht: Die Sonderausschreibungen für den Bau von mehr Wind- und Solaranlagen sollen dann kommen, wenn die Stromnetze den auch transportieren können.